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Erstes Gesetz zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes

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Mit dem unten vermerkten Ersten Gesetz zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes vom 18.8.2021 wurde der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24.3.20211) (1 BvR 2656/18; 1 BvR 78/20; 1 BvR 96/20; 1 BvR 288/20) umgesetzt.[1]

Das BVerfG hatte entschieden, dass § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 4 Abs. 1 Satz 3 Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) grundrechtswidrig sind, soweit eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Regelung über die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 fehlt. Das Gesetz sieht deshalb neue nationale Klimaschutzziele vor. Im Wesentlichen kann dem Gesetz Folgendes entnommen werden:

1. Nationale Klimaschutzziele: § 3 KSG n.F.

Mit den Änderungen in § 3 KSG n.F. wurden das nationale Klimaschutzziel für das Jahr 2030 erhöht und weitere nationale Klimaschutzziele für die Jahre 2040 und 2045 eingeführt. Für die Zeit nach dem Jahr 2050 sollen negative Treibhausgasemissionen erreicht werden. Das nationale Klimaschutzziel für das Jahr 2030 wurde von bisher mindestens 55 % auf mindestens 65 % Minderung gegenüber dem Basisjahr 1990 erhöht, § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSG n.F. Für das Jahr 2040 wurde in § 3 Abs. 1 Nr. 2 KSG n.F. ein neues nationales Klimaschutzziel von mindestens 88 % Minderung gegenüber dem Jahr 1990 festgelegt. Bis zum Jahr 2045 sind die Treibhausgasemissionen gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 KSG n.F. so weit zu mindern, dass Netto-Treibhausgasneutralität erreicht wird. Netto-Treibhausgasneutralität wurde in § 2 Nr. 9 KSG definiert als das Gleichgewicht zwischen anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken. Mit der Bezeichnung „Netto-Treibhausgasneutralität“ im KSG ist keine Abgrenzung zu dem ebenfalls geläufigen Begriff „Treibhausgasneutralität“ intendiert. Nach derzeitigen Annahmen zu technischen und sonstigen Treibhausgas-Vermeidungsoptionen ist zur Erreichung von Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 eine Minderung der menschlich veranlassten Freisetzung von Treibhausgasen um mindestens 97 % gegenüber dem Basisjahr 1990 anzustreben. Unvermeidbare Restemissionen – auch staatlicher Organisationen – sind durch Senken auszugleichen. In diesem Zusammenhang wurde § 3a KSG neu eingeführt (s.u. Nr. 2). § 15 KSG bleibt hiervon unberührt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 KSG n.F. werden nach dem Jahr 2050 negative Treibhausgasemissionen erreicht. Etwaige Restemissionen aus den in § 4 KSG n.F. (s.u. Nr. 3) genannten Sektoren sollen somit nicht nur kompensiert, sondern sogar überkompensiert werden.

2. Beitrag des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft: § 3a KSG n.F.

Der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) hat über die Emissionen von Treibhausgasen und die Bindung von Kohlendioxid Einfluss auf den Klimawandel. Die Maßnahmen des LULUCF-Sektors wurden so gestaltet, dass sie kohärent sind mit anderen Politikzielen, insbesondere dem Erhalt der Biodiversität und der Ernährungssicherheit. Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (im Sinn von LULUCF) in § 3a Satz 1 KSG n.F. umfasst alle zum LULUCF-Sektor beitragenden Ökosysteme, unabhängig von der Frage, ob diese bewirtschaftet werden. Er umfasst die in land- und forstwirtschaftlicher Nutzung befindlichen Flächen, die stoffliche Verwendung von Biomasse, insbesondere Holz, aber auch Ökosysteme in Siedlungsräumen oder Schutzgebieten. Grundlage der nach § 3a Satz 2 KSG n.F. zu erreichenden Emissionsbilanzen für den Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft sind die Daten nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KSG. § 3a Abs. 2 KSG n.F. legt die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Ziele nach § 3a Abs. 1 KSG n.F. fest. Er trifft eine dem § 4 Abs. 4 KSG entsprechende Regelung für den Sektor LULUCF. Derzeit ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft das überwiegend für den Sektor zuständige Bundesministerium. Das ressortzuständige und somit nach § 3a Abs. 2 Satz 1 KSG n.F. verantwortliche Bundesministerium hat nach § 3a Abs. 2 Satz 2 KSG n.F. die Aufgabe, die nationalen Maßnahmen zu veranlassen, um die Einhaltung der Ziele nach § 3a Abs. 1 KSG n.F. in der Regel zu gewährleisten.

3. Zulässige Jahresemissionsmengen und jährliche Minderungsziele, Verordnungsermächtigung: § 4 KSG n.F.

Die Änderungen in § 4 KSG n.F. dienen dazu, dass nach der Umsetzung des erhöhten Klimaschutzziels der Europäischen Union für das Jahr 2030 die in Anlage 2 festgelegten Jahresemissionsmengen nötigenfalls angepasst werden. Darüber hinaus wurden feste Minderungsziele für die Jahre 2031 bis 2040 festgelegt und das Verfahren zur Festlegung der Minderungsziele für die Jahre nach 2040 geregelt. Außerdem wurde die Verordnungsermächtigung in § 4 Abs. 6 KSG n.F. konkretisiert, um dem Beschluss des BVerfG Rechnung zu tragen. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 KSG n.F. wird die Bundesregierung die in Anlage 2 festgelegten zulässigen Jahresemissionsmengen im Lichte möglicher Änderungen der Europäischen Klimaschutzverordnung und der Europäischen Emissionshandelsrichtlinie zur Umsetzung des erhöhten Klimaziels der Europäischen Union für das Jahr 2030 überprüfen und – soweit erforderlich – spätestens sechs Monate nach deren Inkrafttreten einen Gesetzgebungsvorschlag zur Anpassung der zulässigen Jahresemissionsmengen in Anlage 2 vorlegen. § 4 Abs. 1 Satz 6 KSG n.F. legt in Verbindung mit der neuen Anlage 3 jährliche Minderungsziele für die Jahre 2031 bis 2040 fest. Die Minderungsziele gelten im Unterschied zu den zulässigen Jahresemissionsmengen sektorübergreifend. Sie legen einen Minderungspfad ausgehend von dem nationalen Klimaschutzziel für das Jahr 2030 bis zum nationalen Klimaschutzziel für das Jahr 2040 fest. Die genaue Aufteilung der Minderungsziele auf die einzelnen Sektoren im Wege der Vorgabe von zulässigen Jahresemissionsmengen bleibt weiterhin dem Verordnungsgeber überlassen (§ 4 Abs. 6 KSG n.F.)

Erstes Gesetz zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes vom 18.08.2021 (BGBl I S. 3905)
Erschienen in der FstBY 1/2022.

[1] Vgl. FStBay Randnummer 149/2021