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Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit sogenannter „Reichsbürger“

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§ 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 45 Abs. 2 WaffG

Widerruf von Waffenbesitzkarten; Unzuverlässigkeit; Reichsbürger

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 11.08.2022, Az. 24 B 20.1363

Orientierungssätze der LAB:

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) ist geklärt (stRspr vgl. BayVGH, Beschluss vom 20.12.2021, Az. 24 ZB 20.1386, juris Rn. 15 m.w.N.), dass Anhänger der sog. „Reichsbürgerszene“ als unzuverlässig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG anzusehen sind, da mit der Verleugnung des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland zwangsläufig die Gefahr einhergeht, dass die Betreffenden die geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland, und damit auch das Waffengesetz, nicht als für sich verbindlich anerkennen und deshalb die Gefahr besteht, dass die Vorschriften nicht eingehalten werden.

Ob eine Person der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. sich deren Ideologie zu eigen gemacht hat, ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, insbesondere der Persönlichkeit des Betroffenen und seinen prozessualen und außerprozessualen Verhaltensweisen und Einlassungen.

Der BayVGH weist in der vorliegenden Entscheidung darauf hin, dass es für die Frage, ob jemand als Anhänger der „Reichsbürgerszene“ bezeichnet werden kann, entscheidend darauf ankommt, ob dieser sich deren Gedankengut zu eigen gemacht hat (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.01.2022, Az. 24 B 20.2539, juris Rn. 20). Für die Annahme einer Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG müssen daher Tatsachen vorliegen, die darauf hinweisen, dass der Betreffende tatsächlich Anhänger der „Reichsbürgerszene“ ist.

Tatsachen, die die Annahme einer Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG rechtfertigen, liegen nach der obergerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig vor, wenn der Betreffende einen Staatsangehörigkeitsausweis mit „reichsbürgertypischen“ Angaben beantragt hat (vgl. BayVGH, Beschluss vom 08.12.2021, Az. 24 ZB 20.1495, juris Rn. 13, vgl. auch BVerwG, Urteil vom 02.12.2021, Az. 2 A 7.21, juris Rn. 25 ff., zur Frage der Verfassungstreue eines Beamten, der einen „gelben Schein“ beantragt hat).

Die Waffenbehörde muss dabei allerdings beachten, dass sie die Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG vorliegen, im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, selbstständig beurteilen muss, eine sicherheitsrechtliche Einschätzung der Polizei dient dabei nur als Hilfsmittel.

 

Oberlandesanwältin Beate Simmerlein ist bei der Landesanwaltschaft Bayern schwerpunktmäßig u.a. zuständig für Kommunalrecht, Schul- und Hochschulrecht, Medienrecht, Landesbeamtenrecht und Waffenrecht.

 

 

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