Gesetzgebung

Änderungen beim Mindestlohn und bei geringfügiger Beschäftigung

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In diesen Bereichen gab es mehrere Änderungen durch unten vermerktes Gesetz vom 28.06.2022. Der Kommunale Arbeitgeberverband Bayern e.V. (KAV) informiert hierzu im ebenfalls unten vermerkten Rundschreiben vom Juli 2022 wie folgt:

„– Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1.10.2022 einmalig auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro. Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns entscheidet weiterhin die Mindestlohnkommission. Ihre nächste Anpassungsentscheidung erfolgt zum 30.6.2023 und betrifft die Anpassung mit Wirkung zum 1.1.2024.

– Als Folgeänderung zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro werden die für Ausnahmen von den Dokumentationspflichten nach §§ 16, 17 Mindestlohngesetz (MiLoG) geltenden Schwellenwerte in § 1 Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (MiLoDokV) angepasst.

– Künftige Orientierung der Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Sie wird dementsprechend mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde auf 520 Euro monatlich erhöht und nicht mehr statisch, sondern dynamisch ausgestaltet (§ 8 Abs. 1, 1a Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV – neu).

– Regelung der Möglichkeit und der Grenzen eines unvorhersehbaren Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze im neuen § 8 Abs. 1b SGB IV: Für einen zusätzlichen Hinzuverdienst aufgrund eines nicht mit Sicherheit zu erwartenden Überschreitens wird eine Obergrenze festgelegt. Ein unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze steht danach dem Fortbestand einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nicht entgegen, wenn die Geringfügigkeitsgrenze innerhalb des für den jeweiligen Entgeltabrechnungszeitraum zu bildenden Zeitjahres in nicht mehr als zwei Kalendermonaten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird. Die Regelung ermöglicht ausnahmsweise eine begrenzte Mehrarbeit aus unvorhersehbarem Anlass sowie Einmalzahlungen, die dem Grunde und der Höhe nach vom Geschäftsergebnis oder einer individuellen Arbeitsleistung des Vorjahres abhängen.

– Bis 31.12.2023 geltende Übergangsregelungen in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte, die am 30.9.2022 ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 450,01 bis 520,00 Euro erzielen (§ 454 SGB III neu, § 7 Abs. 2 SGB V neu). Diesen wird ein Optionsrecht auf Befreiung von der Versicherungspflicht eingeräumt.

– Die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich gem. § 20 Abs. 2 SGB IV wird von monatlich 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben.

– Zudem werden Beschäftigte im unteren Übergangsbereich stärker entlastet, um den Belastungssprung an der Geringfügigkeitsgrenze beim Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu glätten und damit die Anreize für geringfügig Beschäftigte zu erhöhen, ihre Arbeitszeit über einen Minijob hinaus auszuweiten. Dazu wird der Arbeitgeberbeitrag oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 % angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen (§ 20 Abs. 2a SGB IV neu).

Inkrafttreten:

Die Regelungen des Gesetzes traten grundsätzlich am 1.10.2022 in Kraft. Die Änderung des Berufsbildungsgesetzes (Regelung zur gesetzlichen Klarstellung der Rechtslage bei einem Zusammentreffen von Teilzeitberufsausbildung und Mindestausbildungsvergütung) und die Änderung des SGB III …, sind am Tag nach der Verkündung – also am 1.7.2022 – in Kraft getreten.

Die Änderung des Mindestlohngesetzes (einmalige Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns; Verpflichtung der Mindestlohnkommission zur nächsten Anpassungsentscheidung …) ist ebenfalls am 1.7.2022 in Kraft getreten, regelt allerdings selbst, dass der gesetzliche Mindestlohn zum 1.10.2022 auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro steigt. Die Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung vom 9.11.2020 (BGBl I S. 2356) trat mit Ablauf des 30.9.2022 außer Kraft.

Auswirkungen auf den Tarifbereich des TVöD:

Die bayerischen kommunalen Arbeitgeber (Tarifgebiet West) sind durch die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro wie folgt betroffen:

– EG 1, Stufe 2 (bislang 11,89 Euro)

Über die Vorgehensweise im Hinblick auf die Auswirkungen auf den Tarifbereich TVöD wird auf VKA-Ebene entschieden. Wir werden über das Ergebnis in unseren Rundschreiben informieren.

Neben dem Tabellenentgelt können grundsätzlich auch sonstige Entgeltbestandteile, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, auf den Mindestlohn angerechnet werden. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21.12.2016, 5 AZR 374/16, sind zur Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns alle im Synallagma stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers geeignet. Daran fehlt es bei Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung der Beschäftigten erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen.

Daher sind u.a. Entgelte für Mehrarbeit und Bereitschaftsdienst (§ 8 Abs. 2 und 4 TVöD), Wechselschicht- und Schichtzulagen (§ 8 Abs. 5 und 6 TVöD) oder die Zulage für die vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeiten (§ 14 TVöD), die an die Beschäftigten ausgezahlt werden und bei diesen verbleiben, mindestlohnwirksam. Auch erfolgte Zahlungen wie die Jahressonderzahlung, die Sparkassensonderzahlung oder die leistungsorientierte Bezahlung (LoB) sind mindestlohnwirksam, grundsätzlich aber nur im Auszahlungsmonat auf den Mindestlohn anrechenbar (BAG vom 25.5.2016, 5 AZR 135/16).

Eine Auflistung der anrechenbaren Entgeltbestandteile befindet sich in unserem KAV-Rundschreiben A 3/2018 (S. 12 ff.). Anrechenbar dürften darüber hinaus auch monatlich in Geld gewährte Leistungen im Rahmen von § 18a TVöD sein. Ob monatlich gewährte Sachleistungen im Rahmen von § 18a TVöD auf den Mindestlohn anrechenbar sind, ist durch die Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt.“

Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 28.6.2022 (BGBl I S. 969)

Rundschreiben des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern e.V. vom Juli 2022 – Nr. A 6/2022 S.27

 

Entnommen aus der Fundstelle Bayern 22/2022, Rn. 269.