Rechtsprechung Bayern

Rechtsprechung aus der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit

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Aus der bayerischen Rechtsprechung haben wir für Sie zusammengefasst: tatsächliche Betriebsführung für das Einrücken des Insolvenzverwalters in die Betreiberstellung eines Betriebs erforderlich; Verfassungsrechtliches Gebot der Spiegelbildlichkeit bei der Verteilung der kommunalen Ausschusssitze; Unverzügliche Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB nur aufgrund sachlicher Gründe.

BayVGH: Einrücken des Insolvenzverwalters in die Betreiberstellung eines Betriebs.

[1.] Der Insolvenzverwalter kann nur dann Betreiber der Deponie i. S. v. § 40 Abs. 1 und 2 KrWG (bzw. § 36 Abs. 2 KrW-/AbfG) sein, wenn er sie auch tatsächlich betreibt. Dies ist mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht (automatisch) der Fall, denn die Übertragung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis allein macht den Insolvenzverwalter nicht zum Deponiebetreiber. Vielmehr ist eine tatsächliche Betriebsführung erforderlich. Dabei ist unter „Betriebsführung“ auch im abfallrechtlichen Kontext regelmäßig ein Tätigwerden im eigenen Namen, für eigene Rechnung und unter eigener Verantwortung zu verstehen.

[2.] Für ein „Betreiben“ im oben genannten Sinne genügt die Nichterfüllung dem Gemeinschuldner obliegender Pflichten allein nicht. Vielmehr ist ein aktives Weiterführen des Betriebes durch den Insolvenzverwalter – und sei es auch nur für eine kurze Zeit – erforderlich. Nur so kann den Insolvenzverwalter auch eine Verhaltensverantwortlichkeit treffen.

[3.] Der Insolvenzverwalter rückt nicht in die Betreiberstellung ein, wenn er die Anlage nach der bloßen Besitzergreifung infolge des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis sofort stilllegt. Gleiches gilt erst recht, wenn der Betrieb bereits vor Insolvenzeröffnung durch den Schuldner eingestellt worden war.

[4.] Die Betriebsphase einer Deponie umfasst nicht die Nachsorgephase, sondern endet mit dem Abschluss der Stilllegungsphase.

E.v. 14.10.2022, 12 B 21.2051.

BayVGH: Verfassungsrechtliches Gebot der Spiegelbildlichkeit.

Wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der Spiegelbildlichkeit dürfen in den kommunalen Vertretungskörperschaften die Vorschriften über Ausschussgemeinschaften (Art. 33 Abs. 1 Satz 5 GO; Art. 27 Abs. 2 Satz 5 LKrO) bei der Verteilung der Ausschusssitze keine Anwendung finden, wenn dadurch eine nach ihrer Größe ausschussfähige Fraktion oder Gruppe nicht mehr in den Ausschüssen vertreten wäre.

E.v. 19.10.2022, 4 BV 22.871.

BayVGH: Unverzügliche Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB.

[1.] Eine Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB erfolgt nur dann „unverzüglich“, wenn eine Verzögerung auf sachlichen Gründen beruht. Auf ein der Behörde zurechenbares Verschulden kommt es nicht an (a. A. VGH BW, B.v. 09.11.2020, 9 S 2421/20 – NVwZ-RR 2021, 437–440).

[2.] Allein eine überlange Verfahrensdauer im Vorfeld einer Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB kann dazu führen, dass der Zweck der Information der Öffentlichkeit nicht mehr erreicht werden kann und die Veröffentlichung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, weil sie die betroffenen Unternehmerinteressen aus Art. 12 Abs. 1 GG unangemessen benachteiligt. E.v. 04.11.2022, 20 CE 22.2069.

 

Entnommen aus den Bayerischen Verwaltungsblättern, 2/2023, S. III.