Rechtsprechung Bayern

Auflösung eines Wasserbeschaffungsverbands

© Andrii Yalanskyi – stock.adobe.com

Ein Landratsamt erklärte einen Wasserbeschaffungsverband für unwirksam und ordnete dessen Auflösung an. Dagegen wurde vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof klage eingereicht.

§ 47 VwGO; §§ 62, 63 WVG (Erlass einer Satzung durch die Aufsichtsbehörde zur Auflösung eines Wasserbeschaffungsverbandes; Normenkontrollanträge des aufzulösenden Verbandes und eines Verbandsmitglieds; Rechtsform einer aufsichtsbehördlichen Auflösungsverfügung)

Amtlicher Leitsatz:

Die aufsichtsbehördliche Auflösung eines Wasser- und Bodenverbands gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 WVG muss in der Rechtsform eines Verwaltungsaktes verfügt werden.

BayVGH, Urteil vom 03.04.2023, 5 N 21.355 (rechtskräftig)

Zum Sachverhalt:

Die Antragsteller begehren gemäß § 47 VwGO die Unwirksamerklärung der Satzung des Landratsamtes T über die Auflösung des Wasserbeschaffungsverbandes R (Amtsblatt für den Landkreis T Nr. 2 vom 22.01.2021 S. 5), in Kraft getreten am 23. Januar 2021. Beim Antragsteller zu 1 handelt es sich um den am 9. Januar 1950 gegründeten Wasserbeschaffungsverband R. Die zuletzt geltende Satzung des Antragstellers zu 1 vom 25. Januar 2002 trat am 9. Februar 2002 in Kraft. Der Antragsteller zu 2 ist Verbandsmitglied und Verbandsvorsteher.

Mit Schreiben vom 13. Januar 2020 teilte das Landratsamt der Gemeinde B als damalige „Geschäftsführung“ des Antragstellers zu 1 unter anderem mit, die Aufgaben des Antragstellers zu 1 seien infolge des mittlerweile erfolgten Anschlusses des Verbandsgebiets an die gemeindliche Wasserversorgung vollständig entfallen. Da damit der Fortbestand des Verbandes nicht mehr erforderlich sei, lägen die Voraussetzungen für eine Selbstauflösung nach § 62 Abs. 1 des Wasserverbandsgesetzes (WVG) vor. Der Antragsteller zu 1 werde aufgefordert, in der nächsten Verbandsversammlung die Auflösung zu beschließen, spätestens bis 28. Februar 2020. Falls kein Auflösungsbeschluss mit der erforderlichen Mehrheit zustande kommen sollte, beabsichtige das Landratsamt, den Verband nach § 62 Abs. 2 Satz 2 WVG aufzulösen. Der Antragsteller zu 1 und die Verbandsmitglieder könnten sich zu den für die Entscheidung der Aufsichtsbehörde erheblichen Tatsachen bis zum 16. März 2020 schriftlich äußern.

In der daraufhin einberufenen Verbandsversammlung am 27. Februar 2020 stimmten vier der anwesenden Mitglieder (darunter der Antragsteller zu 2) gegen und drei für eine Verbandsauflösung; zwei enthielten sich. In dieser Sitzung wurde zudem der Antragsteller zu 2 zum neuen Verbandsvorstand gewählt. In einem Vermerk des Landratsamtes vom 9. Dezember 2020 wird im Anschluss an eine Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, eine zwangsweise Auflösung des Antragstellers zu 1 gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 WVG entspreche den gesetzlichen Vorschriften und sei ermessensgerecht. Da sich dieser Verband ursprünglich durch Satzung konstituiert habe, erscheine es „entsprechend Kommentierung und Rechtsprechung zulässig, die Auflösung mittels Satzung des Landratsamtes (actus contrarius)“ vorzunehmen. Mit der streitgegenständlichen Satzung vom 17. Dezember 2020 verfügte das Landratsamt die Auflösung des Antragstellers zu 1 mit Wirkung vom Tag nach der Satzungsbekanntmachung (§ 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 der Satzung).

Weiter wurden Regelungen über die Abwicklung der Geschäfte getroffen (§ 1 Abs. 2, § 2 und § 4) und die Gläubiger zur Anmeldung ihre Ansprüche aufgefordert (§ 3). Es wurde festgelegt, dass die Gemeinde B anfallberechtigt sei, soweit es sich um Anlagen des bisherigen Verbandsunternehmens handle, die von der Gemeinde für die öffentliche Wasserversorgung des Ortsteils R. übernommen worden seien; sämtliche weiteren, nicht mehr für die öffentliche Wasserversorgung benötigten Verbandsanlagen gingen auf die bisherigen Verbandsmitglieder über (§ 4 Abs. 2 und 3). Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der Satzung trete die Satzung des Antragstellers zu 1 vom 25. Januar 2002 außer Kraft; ausgenommen seien Satzungsbestimmungen, die für die Dauer der Abwicklung noch anzuwenden seien (§ 5 Abs. 2).

Am 1. Februar 2021 haben die Antragsteller hiergegen Normenkontrollanträge gestellt.

 

Entnommen aus den Bayerischen Verwaltungsblättern, 16/2023, S. 564.

Die Bayerischen Verwaltungsblätter finden Sie jetzt auch im neuen Online-Portal.