Rechtsprechung Bayern

Wasserversorgung: Beitragspflicht und Festsetzungsverjährung bei nachträglichen Geschossflächenmehrungen

Freigelegter Wasseranschluss mit Ventilen, Rohren und Leitungen in einem Kanal
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat sich in unten vermerktem Urteil vom 17.11.2022 mit dem Entstehen der Beitragspflicht und dem Beginn der Festsetzungsverjährung hinsichtlich des zusätzlichen Herstellungsbeitrags für die Wasserversorgungseinrichtung bei nachträglichen Geschossflächenmehrungen auseinandergesetzt.

Wie der VGH herausarbeitet, ist in Fällen, in denen die Beitragssatzung für das Entstehen der Beitragspflicht auf den Abschluss der Maßnahme abstellt, Voraussetzung hierfür, dass die nach Art. 78 Abs. 2 Satz 1 BayBO erforderliche Anzeige der Nutzungsaufnahme abgegeben wird. Zudem stellt der VGH klar, dass die in § 184 Abs. 3 AO vorgesehene Mitteilung der Finanzbehörden an die Gemeinden bei einer baulichen Erweiterung grundsätzlich nicht geeignet ist, die Festsetzungsfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 1 KAG in Lauf zu setzen. Der Entscheidung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Das im Außenbereich befindliche Grundstück der Klägerin wurde aufgrund einer Sondervereinbarung im Dezember 2007 an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossen. Für das zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandene Wohngebäude kam es zu keiner Festsetzung eines Herstellungsbeitrags. Im Jahr 2007 erfolgten mehrere Baumaßnahmen. Unter anderem wurde der Bereich des Wohngebäudes erweitert, zudem wurden eine Reithalle, Stallungen und weitere Nutzgebäude errichtet.

Die Baumaßnahmen waren im Jahr 2010 beendet. Die Klägerin meldete die Fertigstellung an die Beklagte mit Schreiben vom 14.6.2016 und vom 2.8.2016. Mit Bescheid vom 22.11.2016 wurde sie sodann zum Herstellungsbeitrag für den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung herangezogen. Nachdem der hiergegen eingelegte Widerspruch im Wesentlichen erfolglos blieb, erhob die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht. Dieses ging davon aus, dass der Beitrag mit Abschluss der Maßnahmen im Jahr 2010 entstanden sei, und hob den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids auf, da sich die für den Beginn der Festsetzungsfrist maßgebliche Möglichkeit einer Feststellung des beitragserheblichen Sachverhalts aus dem Erlass des Änderungsbescheides zur Grundsteuer vom 10.11.2011 ableiten lasse. Dieser auf dem Grundlagenbescheid des Finanzamts vom 20.9.2011 beruhende Bescheid habe die gleiche Mitarbeiterin, die damals auch für die Erhebung von Herstellungsbeiträgen zuständig gewesen sei, als Sachbearbeiterin ausgewiesen.

Die Beklagte machte im Berufungsverfahren geltend, dass die Maßnahme nicht bereits im Jahr 2010, sondern erst mit der Umsetzung einer Tektur gemäß der Genehmigung vom 8.2.2016 abgeschlossen gewesen sei und ihr der Einheitswertbescheid nicht vorgelegen habe. Die Klägerin entgegnete, dass die Maßnahmen bereits 2010 komplett umgesetzt gewesen seien und die Tektur lediglich eingereicht worden sei, um die ausgeführten Maßnahmen plangerecht zu machen. Der VGH hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen, da der Herstellungsbeitragsbescheid rechtmäßig sei. Der Entscheidung entnehmen wir:

1. Der für das Entstehen des Beitrags maßgebliche Abschluss der Maßnahme liegt bei Herstellung in einer Form vor, die eine bauordnungsrechtliche Nutzbarkeit zulässt

Der VGH legt hierzu dar: „Die von der Klägerin geltend gemachte Verjährung liegt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht vor. Denn die vierjährige Festsetzungsverjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Beitrag entstanden ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb 2. Spiegelstrich, Doppelbuchst. cc KAG, § 169 Abs. 2 Satz 1, § 170 Abs. 1 AO). Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 der BGS-WAS vom 6.6.2000 in der Fassung der 10. Änderungssatzung vom 17.12.2014 (BGS/EWS) der Beklagten entsteht die Beitragsschuld mit dem Abschluss der Maßnahme, wenn sich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände ändern (s.a. Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG). Das Grundstück der Klägerin war bereits mit einem Wohnhaus bebaut, so dass die auf dem Grundstück durchgeführte Geschossflächenmehrung eine solche Veränderung der für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände darstellt.

Abschluss der Maßnahme ist damit die Herstellung des Bauvorhabens in einer Form, welche eine bauordnungsrechtliche Nutzbarkeit zulässt, mithin die Bezugsfertigkeit (vgl. BayVGH, Urteil vom 21.12.2000 Az. 23 B 00.1479; Beschluss vom 5.1.2000 Az. 23 ZB 99.24901)). Dabei ist nicht allein auf den formalen Abschluss abzustellen, sondern auf den tatsächlich geschaffenen Zustand des Bauobjektes und dessen rechtliche Sicherung (vgl. BayVGH, Urteil vom 21.12.2000 Az. 23 B 00.1479 …).“

[…]

 

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Gemeindekasse Bayern 17/2023, Rn. 157.