Rechtsprechung Bayern

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof: Konkurrierendes Ratsbegehren

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Art. 18a GO (Konkurrierendes Ratsbegehren; faire Verfahrensgestaltung; irreführende Fragestellung des Ratsbegehrens)

Amtliche Leitsätze

Die Vertreter eines zugelassenen Bürgerbegehrens können ein konkurrierendes Ratsbegehren abwehren, wenn dieses durch eine irreführende Formulierung die Erfolgsaussichten des Bürgerbegehrens schmälert. Dabei gilt ein umso strengerer Maßstab, je mehr sich die Fragestellung des Ratsbegehrens der Sache nach als ein bloßes Spiegelbild der Fragestellung des Bürgerbegehrens darstellt.

BayVGH, Beschluss vom 17.03.2023, 4 CE 23.503

Zum Sachverhalt

Die Antragsteller wenden sich als Vertreter eines zugelassenen Bürgerbegehrens gegen ein konkurrierendes Ratsbegehren, über das gleichzeitig abgestimmt werden soll. Der Stadtrat der Antragsgegnerin erklärte in seiner Sitzung am 19. Januar 2023 unter TOP 5.2 das von den Antragstellern eingereichte Bürgerbegehren mit dem Thema „Stoppt den Flächenfraß – kein Gewerbegebiet K II“ und mit der Fragestellung: „Sind Sie dafür, dass die Stadt P alle Planungen für ein weiteres Gewerbegebiet K II an der Äußeren M-Straße beendet und diese Fläche in der landwirtschaftlichen Nutzung belässt?“ für zulässig. Zugleich wurde ein von den Antragstellern eingereichtes weiteres Bürgerbegehren, das die Trassenführung der geplanten Südumfahrung zum Gegenstand hatte, für unzulässig erklärt, da die Entscheidung über diese Ortsumgehung in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich des Freistaats Bayern falle.

In derselben Sitzung hatte der Stadtrat bereits zuvor unter TOP 5.1 einen Beschluss gefasst über die Durchführung eines Bürgerentscheids im Wege eines Ratsbegehrens mit dem Thema „Wohlstand sichern, Klima schützen – Ja zum grünen Gewerbepark [K] mit Südumgehung“ und mit der Fragestellung: „Sind Sie dafür, dass die Stadt P den Bebauungsplan ‚KII‘ für ein nachhaltiges Gewerbegebiet mit Südumgehung von P vorantreibt?“. Zugleich wurde beschlossen, das Ratsbegehren dem zugelassenen Bürgerbegehren entgegenzustellen.

Als Vertreter des Bürgerbegehrens baten die Antragsteller die Kommunalaufsicht um Überprüfung der Zulässigkeit des Ratsbegehrens. Des Weiteren beantragten sie beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Antragsgegnerin zu untersagen, das Ratsbegehren weiter zu betreiben. Mit Beschluss vom 9. März 2023 untersagte das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung, das Ratsbegehren weiter zu betreiben. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde.

Entnommen aus Bayerische Verwaltungsblätter Heft 20/2023, S. 699.