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Erhebung einer kommunalen Verpackungssteuer steht Abfallrecht nicht entgegen

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Amtliche Leitsätze:

1. Eine kommunale Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen, Einweggeschirr und Einwegbesteck kann auch dann eine örtliche Verbrauchsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG sein, wenn die darin beziehungsweise damit verkauften Speisen und Getränke „als mitnehmbares Take-away-Gericht“ angeboten werden.

2. Die Erhebung einer solchen Verpackungssteuer steht nicht im Widerspruch zur Gesamtkonzeption des geltenden Abfallrechts oder zu konkreten abfallrechtlichen Regelungen.

BVerwG, Urteil vom 24.05.2023, 9 CN 1.22

Zum Sachverhalt:

Die Antragstellerin ist Inhaberin eines im Stadtgebiet der Antragsgegnerin gelegenen Schnellrestaurants mit Drive-in-Schalter, das sie selbstständig und auf eigene Rechnung betreibt. Sie wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Verpackungssteuersatzung der Antragsgegnerin. Deren Gemeinderat beschloss in seiner Sitzung vom 30. Januar 2020 den Erlass einer Satzung über die Erhebung einer Verpackungssteuer (Verpackungssteuersatzung), die ursprünglich am 1. Januar 2021 in Kraft treten sollte (im Folgenden auch: „Satzung“ oder „VStS“). Mit Änderungsbeschluss vom 27. Juli 2020 wurde das Inkrafttreten auf den 1. Januar 2022 verschoben. Durch die auf Einwegverpackungen unabhängig von ihrer stofflichen Zusammensetzung erhobene Steuer sollen Einnahmen für den städtischen Haushalt erzielt, die Verunreinigung des Stadtbilds durch im öffentlichen Raum entsorgte Verpackungen verringert und ein Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen gesetzt werden.

§ 1 der Satzung („Steuererhebung, Steuergegenstand“) lautet:

„(1) Die Universitätsstadt T erhebt nach Maßgabe der folgenden Vorschriften auf nicht wiederverwendbare Verpackungen (Einwegverpackungen) und nicht wiederverwendbares Geschirr (Einweggeschirr) sowie auf nicht wiederverwendbares Besteck (Einwegbesteck) eine Steuer, sofern Speisen und Getränke darin beziehungsweise damit für den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares Take-away- Gericht verkauft werden (z. B. warme Speisen und Getränke, Eis von der Eisdiele, Salat mit Soße und Besteck, Getränke ‚to go‘).

(2) Nicht wiederverwendbar im Sinn von Abs. 1 sind insbesondere Einwegverpackungen (wie z. B. Einwegdosen, -flaschen, -becher und sonstige Einwegbehältnisse), Einweggeschirr (Essgeschirr ohne Essbesteck) und Einwegbesteck (wie z. B. Messer, Gabel, Löffel), die keiner Pfandpflicht unterliegen. Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck sind dazu bestimmt, nur einmal oder nur kurzzeitig für den unmittelbaren Verzehr von Speisen und Getränken verwendet zu werden (wie z. B. Fast-Food-Verpackungen oder Boxen für Mahlzeiten, Sandwiches, Salat oder sonstige Lebensmittel oder Getränkebehälter).“

§ 2 bestimmt als Steuerschuldner die Endverkäufer der besagten Speisen und Getränke; § 3 regelt Steuerbefreiungen für bestimmte Steuergegenstände. Nach § 4 Abs. 1 beträgt der Steuersatz 0,50 Euro für jede Einweggetränke- und Einweglebensmittelverpackung und 0,20 Euro für Einwegbesteck; der Steuersatz pro Einzelmahlzeit ist nach § 4 Abs. 2 auf maximal 1,50 Euro begrenzt. Die §§ 5 bis 7 enthalten Regelungen über Entstehung, Festsetzung und Fälligkeit, über die Vorauszahlung sowie über Aufbewahrungs- und Aufzeichnungspflichten. § 8 sieht im Rahmen der Steueraufsicht ein Betretungsrecht der Stadtverwaltung für die Geschäftsräume der Steuerschuldner vor.

Ergänzend hat die Verwaltung der Antragsgegnerin „Auslegungshinweise“ zur Verpackungssteuersatzung (Stand Oktober 2021) erlassen, welche die konkrete Handhabung der neuen Besteuerung in der Praxis erleichtern sollen.

Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin vom 27. November 2020 erklärte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Verpackungssteuersatzung mit Urteil vom 29. März 2022 für unwirksam. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in den Bayerischen Verwaltungsblättern Heft 2/2024, S. 50 ff.