Mit dem unten vermerkten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21.6.2024, welches am 1.7.2024 in Kraft getreten ist, wurden das Leistungslaufbahngesetz (LlbG), das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) sowie das Gesetz über die Hochschule des öffentlichen Dienstes (HfÖD-Gesetz) angepasst. Nachfolgend stellen wir die relevantesten Änderungen des LlbG kurz dar:
1. Fachkräftemangel erfordert Anpassung der Auswahlverfahren im LlbG: Neues Zweite-Chance-Verfahren
Die im Leistungslaufbahngesetz festgelegten besonderen Auswahlverfahren sind Ausfluss des verfassungsrechtlich gewährleisteten Wettbewerbsprinzips und sichern die leistungsbasierte Gewinnung des Nachwuchses für wichtige fachliche Schwerpunkte beim Einstieg in der zweiten und dritten Qualifikationsebene. Die besonderen Auswahlverfahren bestehen aus einer Auswahlprüfung, dem sogenannten LPA-Test, die zentral durchgeführt wird, und der Berücksichtigung von Schulnoten. Aus dem Gesamtergebnis wird eine Platzziffer errechnet und eine Reihung der Bewerberinnen und Bewerber für jede teilnehmende Einstellungsbehörde ausgestellt, die dem weiteren Einstellungsverfahren zugrunde gelegt wird.
Anmeldeschluss für die Auswahlverfahren ist regelmäßig mehr als ein Jahr vor der Einstellung, damit durch die frühzeitige Durchführung eine baldige Bewerberbindung erfolgen kann, da zu diesem Zeitpunkt auch durch die Privatwirtschaft bereits Einstellungszusagen getroffen werden und die Interessierten sonst dem bayerischen öffentlichen Dienst für die Einstellung verloren gehen. Zudem benötigen Einstellungsbehörden, die eine große Anzahl an Einstellungen zu bewältigen haben, eine längere Vorlaufzeit vor der tatsächlichen Einstellung. Spätentschlossene, Studien- und Ausbildungswechsler sowie andere, die die Termine nicht einhalten konnten, können als Bewerberinnen und Bewerber nicht mehr berücksichtigt werden.
Aufgrund der demografischen Entwicklung sind die Zahlen der potenziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Auswahlverfahren rückläufig, sodass nicht mehr alle verfügbaren Ausbildungsplätze besetzt werden können.
Um hier mehr Chancen im öffentlichen Dienst zu eröffnen, wurde eine Regelung geschaffen, mit der nach Abschluss des besonderen Auswahlverfahrens etwaige freie Plätze noch besetzt werden können.
In Art. 22 Abs. 3 Satz 4 LlbG wurde das Zweite-Chance-Verfahren als Ersatz der Einstellungsprüfung eingeführt. Rechtlich ist es gegenüber dem besonderen Auswahlverfahren subsidiär. Konkret kann die Prognose erst nach Durchführung des besonderen Auswahlverfahrens getroffen werden. Das besondere Auswahlverfahren ist abgeschlossen, wenn die Teilnehmenden ihre Zeugnisse übersandt bekommen haben und den Einstellungsbehörden die Zuweisungs-, Sonder- und Ersatzlisten übermittelt worden sind. Ab diesem Zeitpunkt kann mit der Ausschreibung für das Zweite-Chance-Verfahren begonnen werden. Die für die Bindung von Bewerberinnen und Bewerbern notwendigen Maßnahmen, wie notwendige Vorstellungsgespräche, können ergriffen werden. Aufgrund der Nachrangigkeit des Zweite- Chance-Verfahrens können Einstellungszusagen an diese Bewerberinnen und Bewerber erst getroffen werden, wenn allen erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerbern des besonderen Auswahlverfahrens Einstellungsangebote vorbehaltlich der Erfüllung der beamtenrechtlichen Einstellungsvoraussetzungen gemacht wurden.
2. Schulnoten als Differenzierungskriterium im Zweite-Chance-Verfahren
Die näheren Vorgaben zum Zweite-Chance-Verfahren finden sich im neuen Art. 22 Abs. 10 LlbG. Die nach Abschluss des besonderen Auswahlverfahrens noch zu besetzenden Stellen sind gemäß Satz 1 auszuschreiben. Dies hat einerseits durch die übliche Bekanntmachung gemäß Art. 24 Abs. 1 LlbG zu erfolgen, da das Zweite- Chance-Verfahren eine Einstellungsprüfung ersetzt. Mit dem Begriff Ausschreibung werden Einstellungsbehörden angehalten, noch vorhandene Plätze über diese Bekanntmachung hinaus in geeigneter Weise, insbesondere in Onlinemedien oder auf einschlägigen Jobportalen, anzubieten, um einen möglichst großen Interessentenkreis zu erreichen. Die Durchführung des Zweite-Chance-Verfahrens ist der Geschäftsstelle des Landespersonalausschusses anzuzeigen, damit diese das Zweite- Chance-Verfahren auf ihrer Homepage veröffentlichen kann.
Das Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2, 5 des Grundgesetzes, Art. 94 der Bayerischen Verfassung) wird durch die in Absatz 10 Satz 2 vorgesehene Reihung nach Schulnoten gewährleistet. Diese wird auch im besonderen Auswahlverfahren als Differenzierungskriterium neben dem Test genutzt. Gemäß Art. 94 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung soll das Leistungsprinzip, soweit möglich, durch Prüfungen im Wege des Wettbewerbs umgesetzt werden. Diese Vorgabe wird auch beim Zweite- Chance-Verfahren durch das rechtlich vorrangige besondere Auswahlverfahren umgesetzt. Daneben tritt aber das verfassungsrechtlich ebenfalls geschützte Ziel, die Funktionsfähigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) zu gewährleisten. Dieses Ziel ist gefährdet, wenn der notwendige Personalersatz für Ausscheidende nicht gewonnen werden kann. Es ist deshalb gerechtfertigt, im Rahmen des Zweite- Chance-Verfahrens für den Leistungsvergleich nur auf Schulnoten zurückzugreifen, die auch in anderen Bereichen, insbesondere im Rahmen des Zugangs zu stark nachgefragten Studiengängen, als Differenzierungskriterium genutzt werden. Sonstige Einstellungsvoraussetzungen bleiben unberührt. Dies gilt auch für wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren gemäß Absatz 9.
Um die Vergleichbarkeit mit dem besonderen Auswahlverfahren herzustellen, bietet es sich auf der ersten Stufe an, die gleiche Auswahlmethodik anzuwenden, sofern dies eignungsdiagnostisch angezeigt ist. In diesem Fall können für die Ermittlung einer Reihung die Schulnoten in der auch beim besonderen Auswahlverfahren herangezogenen Gewichtung berücksichtigt werden. Da die Möglichkeit besteht, dass bei der gewählten Reihung nach wenigen aussagekräftigen Schulnoten mehr Bewerbungen im gleichen Rang verbleiben, als Ausbildungs- oder Studienplätze zur Verfügung stehen, hat der Verordnungsgeber für eine zweite Auswahlstufe weiter feiner differenzierende Regelungen zu treffen. Denkbar ist beispielsweise in der zweiten Auswahlstufe die Verwendung der Durchschnittsnote aller im Zeugnis bescheinigten Leistungen. Als Grundlage sollte stets das letzte vor der Bewerbung ausgestellte Zeugnis verwendet werden, damit eine höchstmögliche Aktualität sichergestellt ist. Soweit ausländische Zeugnisse vorgelegt werden, können sich die Einstellungsbehörden bei fehlendem eigenen Sachverstand der zuständigen Zeugnisanerkennungsbehörden bedienen. Durch die in Absatz 10 Satz 3 vorgesehenen erforderlichen Mindestnoten wird die Qualität der Bewerbungen sichergestellt. Noten, die eine mangelhafte oder ungenügende Leistung bescheinigen, gewährleisten keine für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst geeignete Bewerbung. Diese naheliegende Erkenntnis hat sich auch aufgrund von Auswertungen einer Einstellungsbehörde, die regelmäßig große Bewerberzahlen in der Ausbildung aufnimmt, in der Praxis bestätigen lassen.
Der Verordnungsgeber kann deshalb entscheiden, ob er den Ausschluss einer Bewerbung mangels Mindestnoten nur auf der ersten Stufe vorsieht oder auch auf der zweiten Stufe. Sofern letzteres geschehen soll, muss er darauf achten, auch dabei für die konkrete Ausbildung irrelevante Schulfächer von der Ausschlussregelung auszunehmen. Sofern sich eignungsdiagnostisch belegen lässt, dass bestimmte Schulnoten für bestimmte fachliche Schwerpunkte bzw. Fachlaufbahnen unterschiedliche Aussagekraft haben, sind Differenzierungen in der Verordnung möglich.
3. Keine erneute Teilnahme bei Nicht-Eignung im besonderen Auswahlverfahren
Absolventinnen und Absolventen des besonderen Auswahlverfahrens haben bereits gezeigt, ob sie für den öffentlichen Dienst geeignet sind. Ist dies der Fall, haben sie auf Basis des besonderen Auswahlverfahrens eine Einstellungszusage erhalten. Sofern sie das besondere Auswahlverfahren nicht bestanden haben, ist die mangelnde Eignung bereits festgestellt. Als nicht bestanden gilt dabei nur, wer am „LPA-Test“ tatsächlich teilgenommen hat und ein schlechteres Gesamtergebnis als „4,00“ erreicht hat. Einer erneuten Teilnahmemöglichkeit im Rahmen des Zweite-Chance-Verfahrens bedarf es deshalb nicht. Dies stellt Absatz 10 Satz 4 sicher und macht den rechtlichen Vorrang des besonderen Auswahlverfahrens deutlich. Zur Minimierung des Verwaltungsaufwands kann der Verordnungsgeber vorsehen, dass die zuständigen Einstellungsbehörden von Bewerberinnen und Bewerbern eine Erklärung verlangen, dass sie nicht am besonderen Auswahlverfahren teilgenommen haben, bzw. falls sie am aktuellen Termin teilgenommen haben, diesen mit einer Gesamtnote von nicht weniger als „4,00“ bestanden haben. Sofern Bewerberinnen oder Bewerber am besonderen Auswahlverfahren – ggf. auch zu einem früheren Termin, der die Berücksichtigung noch erlaubt – teilgenommen haben, sind sie vor Bewerbungen aus dem Zweite- Chance-Verfahren zu berücksichtigen.
Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21.6.2024 (GVBl S. 151)
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in Die Fundstelle Bayern 22/2024, Rn. 251.