Rechtsprechung Bayern

Entziehung der Fahrerlaubnis

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§ 3 StVG; § 13 FeV (Ablehnung der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis wegen unterbliebener Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens; vorangegangene strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheitsfahrt; mit Handmessgerät ermittelter Atemalkoholwert von 0,86 mg/l; Blutentnahme [BAK 1,52 ‰] mehr als eineinhalb Stunden nach der Fahrt; Ermittlung eines Tatzeitwerts von mehr als 1,6 ‰ durch Rückrechnung; keine entgegenstehende Bindungswirkung des Strafbefehls bei fehlender Feststellung der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit)

Amtliche Leitsätze:

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass zur Klärung der Fahreignung bei Alkoholproblematik gemäß § 13 FeV der Blutalkoholgehalt zum maßgeblichen Zeitpunkt der Trunkenheitsfahrt im Wege der Rückrechnung aus einer später entnommenen Blutprobe ermittelt werden darf. Dabei sind ein Abbauwert von 0,1 ‰ pro Stunde und eine Resorptionsphase von zwei Stunden nach Trinkende zu Grunde zu legen.

BayVGH, Beschluss vom 26.08.2024, 11 ZB 24.856

Zum Sachverhalt:

Der Kläger begehrt die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 30. Dezember 2021 verurteilte das Amtsgericht H den Kläger wegen einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt (§ 316 Abs. 1, Abs. 2 StGB) zu einer Geldstrafe, entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist von sechs Monaten für deren Wiedererteilung an. Nach den Feststellungen des Strafbefehls führte der Kläger am 26. September 2021 gegen 13:35 Uhr ein Kraftfahrzeug, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Infolge seiner Alkoholisierung geriet er mit dem Fahrzeug zu weit nach links und stieß mit dem linken Außenspiegel gegen den linken Außenspiegel des entgegenkommenden Fahrzeugs, der dabei abgerissen wurde. Ein um 14:10 Uhr durchgeführter Atemalkoholtest ergab dem Polizeibericht zufolge einen Wert von 0,86 mg/l und die dem Kläger um 15:17 Uhr entnommene Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 1,52 ‰. Gegenüber der Polizei hatte er angegeben, er habe zwischen 18 Uhr am Vortag und 6 Uhr am Tattag sechs bis sieben Bier getrunken. Am 20. Januar 2022 beantragte der Kläger beim Landratsamt N (Fahrerlaubnisbehörde) die Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis. Dieses forderte ihn gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf, bis zum 9. Juni 2022 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Klärung der Frage vorzulegen, ob er das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum sicher trennen könne. Auf den Einwand seines Prozessbevollmächtigten, dass eine Blutalkoholkonzentration von nur 1,52‰festgestellt sei, verwies das Landratsamt unter anderem darauf, dass zwischen dem Tatzeitpunkt und der Blutentnahme mehr als eineinhalb Stunden lägen, so dass sich ausgehend von der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,52‰ und einem anzunehmenden stündlichen Alkoholabbau von 0,1‰ eine Blutalkoholkonzentration von 1,6‰ oder mehr zum Tatzeitpunkt ergebe.

Mit Bescheid vom 21. Juli 2022 lehnte das Landratsamt den Neuerteilungsantrag ab. Aus der Nichtvorlage des Gutachtens sei auf mangelnde Fahreignung zu schließen. Ein Antrag des Klägers, den Beklagten durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Erteilung der Fahrerlaubnis zu verpflichten, blieb ebenso wie die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung erfolglos (VG Ansbach, B.v. 14.11.2022 – AN 10 E 22.1903; BayVGH, B.v. 07.03.2023 – 11 CE 22.2487).

Die vom Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. August 2022 erhobene Klage auf Erteilung der Fahrerlaubnis hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 19. April 2024 abgewiesen.

Beitrag entnommen aus Bayerische Verwaltungsblätter 02/2025, S. 57.