Rechtsprechung Bayern

„Umsetzung” von Obdachlosen in eine neue Unterkunft

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BayVGH, Beschluss vom 21.10.2024, 4 CS 24.1651

Art. 6 LStVG; § 80 VwGO; Art. 11 GG

„Umsetzung” von Obdachlosen in eine neue Unterkunft; Verbindung von Räumungsanordnung und Neuzuweisung; Erledigung der Zuweisung durch Zeitablauf; Begriff der „freiwilligen Obdachlosigkeit”; Unzumutbarkeit einer Unterkunft aus Gesundheitsgründen; Störung des Hausfriedens als Umsetzungsgrund

Amtliche Leitsätze:

Die Verlegung („Umsetzung”) eines Obdachlosen von einer bisher genutzten in eine andere Unterbringungseinrichtung besteht aus zwei rechtlich getrennten Vorgängen. Nur die Beendigung und Abwicklung des bestehenden Nutzungsverhältnisses erfolgt in Form eines belastenden Verwaltungsakts, während die gleichzeitige Zuweisung neuer Räumlichkeiten eine ausschließlich begünstigende Regelung darstellt.

Zum Sachverhalt:

Die Antragsteller wenden sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Beendigung der Unterbringung in einer ihnen bisher zugewiesenen Obdachlosenunterkunft und gegen die damit verbundene Umsetzung in eine andere Unterkunft.

Der 1956 geborene Antragsteller zu 1 und die 1949 geborene Antragstellerin zu 2, seine frühere Ehefrau, wurden von der Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 3. März 2023 in zwei Zimmern eines als Behelfsunterkunft genutzten Gebäudes jeweils befristet als Obdachlose untergebracht, zuletzt verlängert bis zum 3. September 2024.

Während dieser Unterbringung baten die Antragsteller die Antragsgegnerin um Zuweisung einer anderen Unterkunft. Sie verwiesen dabei auf gesundheitliche Beeinträchtigungen der Antragstellerin zu 2, bei der laut Arztbrief vom 29. Februar 2024 eine mittelschwere bis schwere Alzheimer-Demenz und zusätzlich eine Apraxie besteht.

Nachdem es in der bisherigen Unterkunft zu Konflikten zwischen dem Antragsteller zu 1 und weiteren Bewohnern gekommen war, gab die Antragsgegnerin den Antragstellern Gelegenheit, sich zur geplanten Umsetzung in eine andere gemeindliche Notunterkunft zu äußern. Die Antragsteller gaben in einem persönlichen Gespräch zu erkennen, dass sie damit nicht einverstanden seien. In einem der Antragsgegnerin vorgelegten Attest vom 2. August 2024 äußerte der behandelnde Arzt die „Überzeugung, dass ein Umzug [in] die geplante Obdachlosenunterkunft für den langfristigen Aufenthalt nicht zumutbar und menschenwürdig” sei.

Mit Bescheiden vom 22. August 2024 verpflichtete die Antragsgegnerin die Antragsteller, die bisherige Unterkunft spätestens am 3. September 2024 um 10.00 Uhr zu räumen (Nr. 2 der Bescheide), und setzte sie ab dem 3. September 2024 befristet bis zum 30. September 2024 in die Unterkunft „Nebengebäude B” um (Nr. 3 der Bescheide); hinsichtlich beider Verfügungen wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 11 der Bescheide).

Gegen die Bescheide vom 22. August 2024 ließen die Antragsteller jeweils Klage erheben. Zugleich beantragten sie, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die Nrn. 2 und 3 der Bescheide wiederherzustellen.

Mit Beschluss vom 4. September 2024 stellte das Verwaltungsgericht in den zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller wieder her.

Gegen die ihr am 11. September 2024 zugegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts legte die Antragsgegnerin am 19. September 2024 Beschwerde ein.

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