Gesetzgebung

BayVGH: Freier Weg für Tourengeher – außer bei Pistenpräparierung

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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Urteil vom 21. November 2013 festgestellt, dass der Freistaat Bayern verpflichtet war, im Skigebiet „Garmisch-Classic“ die Beseitigung der errichteten Pistensperrungen für Tourengeher – mit Ausnahme von Sperrungen wegen Pistenpräparierung – anzuordnen.

Eine Pistenbetreiberin hatte während der vergangenen Skisaison mehrere Skipisten (Hausberg-, Kreuzeck- und Osterfeldergebiet) für Skitourengeher gesperrt. Ein Skitourengeher erhob daraufhin Klage mit dem Ziel, den Freistaat Bayern zum Einschreiten gegen die Pistensperrungen zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Sperrungen – mit Ausnahme der Zeiten der Pistenpräparierung – beseitigt werden müssten. Im Berufungsverfahren wollte der Kläger eine weitergehende Einschränkung der Pistensperrungen, die Pistenbetreiberin hingegen die Aufhebung der Beseitigungsverpflichtung erreichen. Die Berufungen sowohl des Klägers als auch der Pistenbetreiberin blieben erfolglos. Das Urteil des Verwaltungsgerichts wurde bestätigt.

Nach Auffassung des BayVGH bleiben präparierte Skipisten trotz der Umgestaltungen, die sie durch die Pistenbetreiber erfahren (z.B. die Errichtung von Seilbahnen), Teile der freien Natur. Die Pistenbetreiberin habe nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz während des allgemeinen Skibetriebs keine Sperrungen der Skipisten für Tourengeher vornehmen dürfen. Die Beseitigung der Sperren sei auch im Interesse der erholungssuchenden und Wintersport treibenden Bevölkerung erforderlich gewesen. Das Ermessen der Naturschutzbehörde, gegen die unzulässigen und für Erholungssuchende nicht nur unbedeutenden Sperren in der freien Natur vorzugehen, sei im Hinblick auf das in der Bayerischen Verfassung verankerte Grundrecht auf Naturgenuss auf Null reduziert gewesen. Daher sei die Berufung der Pistenbetreiberin zurückzuweisen gewesen.

Anders sei die Rechtslage betreffend die Sperrungen der Skipisten für alle Pistennutzer während der gefahrvollen Pistenpräparierung. Das Grundrecht auf Naturgenuss bzw. das Betretungsrecht der freien Natur gebe dem Erholungssuchenden kein Recht, auf die Arbeits- und Betriebsabläufe eines Pistenbetreibers Einfluss zu nehmen, soweit diese sich im Rahmen des Üblichen hielten. Der Kläger habe daher keinen Anspruch darauf, dass bei Sperrungen wegen Pistenpräparierung Abfahrten zu verschiedenen Parkplätzen offen blieben.

Die Revision wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt werden.

BayVGH, U. v. 21.11.2013, 14 BV 13.487; PM v. 16.12.2013

 

Redaktioneller Hinweis

Der BayVGH hat hierzu die folgenden Leitsätze veröffentlicht:

  1. Präparierte Skipisten bleiben trotz der Umgestaltungen, die sie durch die Pistenbetreiber erfahren, Teile der freien Natur.
  2. Ein Pistenbetreiber darf während des allgemeinen Skibetriebs grundsätzlich keine Sperrungen der Skipisten für Tourengeher vornehmen. Anderes gilt für Sperrungen der Skipisten für alle Pistennutzer während der (gefahrvollen) Pistenpräparierung.
  3. Das Grundrecht auf Naturgenuss bzw. das Betretungsrecht der freien Natur gibt dem Erholungssuchenden grundsätzlich kein Recht, auf die Arbeits- und Betriebsabläufe eines Pistenbetreibers Einfluss zu nehmen.
  4. Das Ermessen der Naturschutzbehörde, gegen unzulässige und nicht nur unbedeutende Sperren in der freien Natur vorzugehen, kann im Hinblick auf das Grundrecht auf Naturgenuss auf Null reduziert sein; es bleibt offen, ob es sich bei diesem Ermessen um sog. „intendiertes Ermessen“ handelt.