Gesetzgebung

Staatskanzlei: Europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik

©pixelkorn - stock.adobe.com

Europaministerin Dr. Beate Merk: „Bewältigung der Flüchtlingsströme ist Bewährungsprobe für Europa – Maßnahmenbündel auf internationaler und europäischer Ebene notwendig – Fluchtursachenbekämpfung ist langfristig Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingsproblematik – Alle EU-Mitgliedstaaten müssen sich an Aufnahme der Flüchtlinge beteiligen“

Der Ministerrat hat sich heute im Beisein des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, nochmals eingehend mit der europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik befasst.

Europaministerin Dr. Beate Merk: „Die Bewältigung der Flüchtlingsströme ist eine echte Bewährungsprobe für Europa. Wir brauchen jetzt klare, schnelle Leitentscheidungen und Weichenstellungen, nicht bürokratisches Kleinklein.“

Nach Schätzungen des UNHCR sind weltweit über 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Allein im vergangenen Jahr stellten mehr als 620.000 Flüchtlinge einen Asylantrag in der EU – davon über 200.000 in Deutschland. Es ist davon auszugehen, dass die Zahlen dieses Jahr noch deutlich höher liegen werden.

Merk: „Die Flüchtlingsströme sind ein globales Problem, das kein Staat alleine lösen oder bewältigen kann. Wir brauchen hier ein ganzes Bündel an Maßnahmen auf internationaler und europäischer Ebene.“

Der Ministerrat begrüßte grundsätzlich die Beschlüsse des Europäischen Rates (red. Hinweis: vgl. auch die Mitschrift von der diesbezüglichen Pressekonferenz der Bundeskanzlerin) auf seinem Sondergipfel zur Flüchtlingsproblematik Ende April. Sie sehen eine Verstärkung der Seenotrettung und des Außengrenzschutzes, ein stärkeres Vorgehen gegen Schlepper, eine bessere Verhinderung illegaler Migration und mehr Solidarität bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme in der EU vor.

Europaministerin Merk: „Die Ergebnisse des Sondergipfels sind grundsätzlich positiv zu bewerten. Entscheidend wird es nun sein, dass diese Ergebnisse auch tatsächlich und rasch umgesetzt werden. Die Lösung der Flüchtlingsproblematik duldet keinen Aufschub. Europa muss jetzt zügig und entschlossen handeln.“

Für Europaministerin Merk müsse vor allem die langfristige Bekämpfung der Fluchtursachen stärker in den Mittelpunkt der europäischen Politik rücken.

„Die verstärkte Seenotrettung und Bekämpfung von Schlepperbanden ist richtig und wichtig. Das setzt aber nur an den Symptomen an. Der Schlüssel für die Lösung der Flüchtlingsproblematik ist die Bekämpfung der Fluchtursachen durch Hilfe für die Herkunftsländer. Wer in seinem Herkunftsland eine Lebensperspektive hat, flieht nicht von dort. Wir müssen uns daher wesentlich mehr auf die Entwicklungshilfe konzentrieren und sie zielgerichtet einsetzen. Das ist ein dickes Brett, bei dem sich erst mit der Zeit Erfolge zeigen werden“, so Merk.

Wesentlich seien Verbesserungen vor allem in afrikanischen und arabischen Staaten in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, gute Regierungsführung und nachhaltige Entwicklung, ebenso aber auch bei den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen.

Merk: „Europa muss zudem in den Krisen- und Flüchtlingsregionen handlungsfähig sein. Wir fordern daher den Aufbau einer festen Friedenseinheit als mobile Eingreiftruppe, die vor allem auch aus Ärzten, Krankenschwestern, Sozialarbeitern, Ingenieuren und Technikern besteht. Denn nicht nur Soforthilfe, sondern auch der dauerhafte Aufbau der notwendigen Infrastruktur und der zerstörten Gebiete ist von entscheidender Bedeutung.“

Europaministerin Merk begrüßte auch die auf dem EU-Sondergipfel beschlossene Intensivierung der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit zwischen der EU und Drittstaaten. Transitstaaten für Flüchtlingsströme wie z.B. Tunesien und Ägypten müssten bei der Überwachung und Kontrolle ihrer Landgrenzen und Landwege unterstützt werden. Auch müsse der Dialog mit der Afrikanischen Union und die politische Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnern auf allen Ebenen verstärkt werden.

Europaministerin Merk mahnte erneut eine gerechtere Verteilung der Asylbewerber in Europa an.

„Es kann nicht sein, dass nur einige Mitgliedstaaten die Pflichten aller erfüllen. Die Flüchtlingsproblematik ist ein gesamteuropäisches Problem und genauso muss Europa handeln. Derzeit nehmen aber nur 5 von 28 Mitgliedstaaten über 70 Prozent aller Asylbewerber auf. Europäische Solidarität sieht anders aus! Wir fordern daher die Einführung einer verpflichtenden europaweiten Verteilungsquote.“

Freiwillige Solidaritätsmechanismen, wie sie beim EU-Sondergipfel vereinbart wurden, seien nicht ausreichend. Die Bundesregierung müsse sich jetzt nachhaltig auf europäischer Ebene für die rasche Einführung einer verbindlichen Verteilungsquote einsetzen.

Der Ministerrat betonte auch nochmals das Erfordernis einer konsequenten Bekämpfung des Asylmissbrauchs. Angesichts der weiter steigenden Asylbewerberzahlen müsse sich Europa auf diejenigen Flüchtlinge konzentrieren, die tatsächlich Hilfe benötigen.

„In Bayern ist die Bereitschaft in der Bevölkerung, tatsächlich verfolgte Flüchtlinge aufzunehmen, nach wie vor groß“, so Europaministerin Merk.

„Das ist unser Selbstverständnis und das entspricht unserer humanitären Verantwortung. Diese Aufnahmebereitschaft wird gefährdet, wenn wir Asylmissbrauch nicht konsequent bekämpfen.“

Wichtig sei es hier, z.B. durch eine Zusammenarbeit der EU mit der Internationalen Organisation für Migration die Rückübernahme illegaler Migranten durch die Herkunfts- und Transitländer zu fördern sowie ein neues Rückkehrprogramm für die rasche Rückführung illegaler Migranten aufzulegen.

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 05.05.2015