Aktuelles

Bayerischer Städtetag: Kräfte bündeln für bezahlbare Wohnungen – Gribl: Gleichwertige Lebensverhältnisse – zwischen Bilderbuch-Dorf und Trabantenstadt

©pixelkorn - stock.adobe.com

„Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Alle Menschen brauchen Obdach. In allen Städten und Gemeinden Bayerns muss Wohnraum in ausreichender Zahl und ansprechender Qualität zur Verfügung stehen. Die Quantität ist vor allem in wachsenden Boom-Regionen ein drängendes Problem, denn bezahlbare Wohnungen sind absolute Mangelware. Und die Qualität von Wohnraum ist vor allem in schrumpfenden Regionen ein Problem“, sagt Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl, 1. stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Städtetags. Während ältere Generationen es barrierefrei brauchen, benötigen Familien Platz; junge Auszubildende und Studierende benötigen kleine günstige Wohnungen.

Gribl: „Die Wohnungsnot verschärft sich mit Blick auf die steigende Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern: Die alleinerziehende Mutter, die kinderreiche Familie, die Familie mit Hartz IV, der Obdachlose dürfen nicht auf dem angespannten Wohnungsmarkt in Konkurrenz mit der Flüchtlingsfamilie aus Syrien oder dem Asylbewerber aus Afghanistan kommen.“

Menschen wollen in einem attraktiven Umfeld wohnen.

Gribl: „Schrumpfende Städte und Gemeinden dürfen nicht abgehängt werden. Wir müssen den Leerstand bekämpfen und müssen leere Gebäude wieder für eine attraktive Nutzung ertüchtigen.“

In der Wohnungswirtschaft tragen Bund, Staat und Kommunen gemeinsam Verantwortung. Wohnungsbauförderung, Elemente der Städtebauförderung, Zuschüsse und mögliche Konzeptausschreibungen müssen in ein Pooling-Verfahren zusammengeführt werden. Die degressive steuerliche Abschreibung muss ergänzend einführt werden.

Gribl: „Wir müssen alle Mittel bündeln, um schnell bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Möglicherweise müssen wir neue Instrumente entwickeln, um Wohnungen, die eigentlich aus der Belegungsbindung fallen, auch weiterhin in dieser Bindung zu halten. Aber allein dafür brauchen wir das zwei- bis dreifache des bisherigen Mitteleinsatzes.“

Alleine können Städte und Gemeinden diese Aufgaben nicht bewältigen. Alleine wird zum Beispiel München oder Augsburg dem Wachstumsdruck nicht standhalten können. Blickt man etwa auf die Wohnraumversorgung, scheitert dies bereits im Ansatz daran, dass notwendige Grundstücke für Wachstum kaum zur Verfügung stehen.

Gribl: „Stadt und Umland, benachbarte Kommunen müssen verstärkt zusammenarbeiten. Dies läuft zum Nutzen von beiden Seiten, denn ohne die boomende Stadt wäre das Umland nichts – und ohne sein Umland wäre die Stadt nichts.“

Auch bei Bevölkerungsrückgang bietet sich „Selbsthilfe“ an: Benachbarte Städte und zentrale Orte können mit ihren Nachbarn zusammen wirken, indem sie gemeinsame Konzepte erarbeiten, um die Menschen mit Einrichtungen der Daseinsvorsorge, mit Kulturangeboten, mit Bildungseinrichtungen, mit technischer Infrastruktur oder mit sozialen Einrichtungen zu versorgen. Bürgermeister haben bereits Ideen entwickelt, um mit demografischen und gesellschaftlichen Veränderungen umzugehen.

Gribl: „Die Bayerische Verfassung gibt die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen vor. Damit ist der Freistaat verpflichtet, alle Städte und Gemeinden in den Blick zu nehmen und muss demografische und gesellschaftliche Veränderungen mitgestalten.“

Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist ein grundlegendes Bedürfnis der Menschen in allen Teilen des Freistaats.

Gribl: „Das Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse verpflichtet die Staatsregierung, alle Erscheinungsformen des demografischen Wandels – Wachsen und Schrumpfen -gleichermaßen zu behandeln.“

Die Staatsregierung darf Stadt und Land nicht als Gegensatz behandeln, sondern als gleichwertige Partner.

Heimat findet sich nicht allein in den ländlichen Räumen, sondern auch in Verdichtungsräumen.

Gribl: „Die bayerische Heimat aus dem Bilderbuch mit Dorf, Blasmusik und schmucken Vorgärten trifft auf Teile Bayerns zu. Solche idyllischen Bilder verdrängen aber nur allzu leicht, dass die Menschen nicht nur in ländlichen Räumen Heimat finden, sondern auch in Städten.“ Denn 45 Prozent aller Bayern finden in Verdichtungsräumen Heimat. Heimat lässt sich nicht in Stadt und Land dividieren.

Gribl: „Heimat ist nicht nur das malerische Dorf, auch in der Stadt sagen Menschen: Da bin ich daheim – im chicen Stadtviertel oder im Mietshaus, in der Trabantenstadt, in München-Neuperlach, in Nürnberg-Langwasser oder in Augsburg-Oberhausen.“

So fehlt der Heimatstrategie der Staatsregierung ein flächendeckender Anspruch. Sie beschäftigt sich allein mit den ländlichen Räumen. Die Heimatstrategie vernachlässigt die wichtige Versorgungs-, Identifikations- und Impulsfunktion der Vielzahl von Städten. Sie vernachlässigt die Funktion der Städte und zentralen Orte in ländlichen Räumen.

[Siehe Diskussionspapier des BAYERISCHEN STÄDTETAGS 2015: „Gesund schrumpfen – über sich hinauswachsen. Demografischer Wandel in Stadt und Land“. Seite 30-32, 35-38, 51 f., 57 f.]

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung Nr. 2 v. 22.07.2015

Redaktioneller Hinweis: Zum Download des angesprochenen (vormals auch als Tagungspapier bezeichneten) Diskussionspapiers: Tagungspapier (PDF, 65 S., 295 KB).