Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Zentrales-Orte-System – Maly: „Heimatminister Söder stellt das Gesetzgebungsverfahren auf den Kopf“

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Der bayerische Heimatminister Dr. Markus Söder stellte heute in einer Pressekonferenz die neuen Einstufungen im Zentrale-Orte-System und im Raum mit besonderem Handlungsbedarf vor.

Mit der neuen Einstufung einzelner Orte prescht der Minister vor. Er konterkariert damit in der Landesplanung vorgesehene Beteiligungsverfahren und versucht, die Kommunen und ihre Verbände vor vollendete Tatsachen zu stellen. Statt der erforderlichen Neujustierung der Einstufungskriterien unter Einbeziehung von Experten werden in einem intransparenten Verfahren Entscheidungen getroffen. Damit brüskiert er die Mitglieder des eigens eingesetzten Ausschusses im Landesplanungsbeirat. Heimatminister Söder stellt das Gesetzgebungsverfahren auf den Kopf“, erklärt Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, Vorsitzender des Bayerischen Städtetags:

„Als Zentrale Orte wirken Städte und Gemeinden wie Knotenpunkte für ein Netzwerk, das den gesamten Freistaat zusammenhält und eine flächendeckende Daseinsvorsorge für die Menschen in Bayern sichert. Bayern braucht ein starkes Netz aus zentralen Orten. Städte und Gemeinden, die zentralörtliche Aufgaben übernehmen, sind Motoren der Entwicklung einer ganzen Region, sie sind Impulsgeber und Ankerpunkte, sie prägen das Lebensgefühl, sie stiften Identität und geben Heimat.“

Der Bayerische Städtetag bedauert, dass trotz des in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Fortentwicklung des Zentrale-Orte-Systems in Bayern die Chance nicht genutzt wurde, das Zentrale-Orte-System grundlegend zu überarbeiten. Stattdessen wurden nur Aufwertungsanträge bearbeitet.

Maly: „Die Bayerische Staatsregierung lässt die Chance verstreichen, das Netz Zentraler Orte wieder auf starke Füße zu stellen. Jeder zweite Ort in Bayern wird künftig als Zentraler Ort bezeichnet. Damit gerät jeder einzelne Zentrale Ort zunehmend in Konkurrenz und kann seine Aufgaben immer schwerer wahrnehmen. Dabei ist ein starkes Zentrale-Orte-System geradezu für die aktuelle demografischen Entwicklung gemacht: Es fand in den 1960er Jahren Einzug in die deutsche Landesplanung, um der starken Landflucht zu begegnen und bevorzugt ländliche Mittelpunktsiedlungen auszubauen, die eine ausreichende Grundversorgung mit Schulen, kulturellen Einrichtungen oder Kreditinstituten sicherstellten.“

Maly: „Die Erfolgsgeschichte Bayerns seit den 1960er Jahren zeigt, dass sich das Landesentwicklungsprogramm, insbesondere das Zentrale-Orte-System, als Verteilungsprinzip knapper Mittel bewährt hat. Das Landesentwicklungsprogramm enthält Instrumente, um Einrichtungen im Freistaat sinnvoll zu verteilen und die Zuteilung staatlicher Mittel zu steuern. Damit können Regionen, die von Schrumpfung bedroht sind, wieder Tritt fassen.“

Das Landesentwicklungsprogramm hat in vielen Bereichen entscheidend zur positiven Entwicklung des Freistaats beigetragen.

Es ist ärgerlich, dass Minister Söder Entscheidungen bereits verkündet, bevor ein Gesetzgebungsverfahren mit umfassenden Beteiligungsverfahren der betroffenen Städte und Gemeinden und deren Verbände eingeleitet wird. Auch die Expertinnen und Experten des Landesplanungsbeirats und des eigens hierfür eingerichteten Ausschusses, der in Kürze die Arbeit aufnehmen und über das Zentrale-Orte-System diskutieren soll, sind vom Vorgehen des Heimatministers überrumpelt worden,“ kritisiert Maly.

Das Bayerische Landesplanungsgesetz sieht bei der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms umfassende Beteiligungsrechte der Städte und Gemeinden sowie der kommunalen Spitzenverbände vor. Durch die Verkündung der Orte des neuen Zentrale-Orte-Systems und des Teilraums mit besonderem Handlungsbedarf möchte der Heimatminister das Ergebnis vorwegnehmen.

Die Ausweitung der Teilräume mit besonderem Handlungsbedarf macht alleine keine Strukturpolitik. Entscheidend ist, ob die Förderung dieser Teilräume mit Leben erfüllt wird. Hierfür müssen dann auch die notwendigen Mittel bereitgestellt werden. Wir nehmen den Minister beim Wort, mehr Mittel bei der Wirtschaftsförderung bereitzustellen. Denn je größer die Fläche und die Zahl der Kommunen wird, desto weniger Mittel können jeder einzelnen Kommune zur Verfügung stehen,“ sagt Maly.

Teilräume mit besonderem Handlungsbedarf sind Räume, die bei Planungen und Maßnahmen zur Versorgung mit Einrichtungen der Daseinsvorsorge, bei Fördermaßnahmen und bei der Verteilung von Finanzmittel vorrangig zu entwickeln sind.

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 12.05.2016

Redaktionelle Hinweise

Am 30.08.2013 wurde die neue Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) verkündet. Sie trat am 01.09.2013 in Kraft. Zu diesem Rechtsetzungsverfahren vgl. hier.

Zu der seit diesem Zeitpunkt geführten Diskussion um die Reform des LEP vgl. hier.