Gesetzgebung

Bayerischer Bezirketag: Vollversammlung positioniert sich zum Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG)

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Bezirketagspräsident Josef Mederer: „Der Hilfeaspekt muss im Vordergrund stehen!“

Die bayerischen Bezirke treten schon seit längerem für ein Gesetz ein, das Hilfe- und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Erkrankungen regelt. Das derzeit noch geltende Unterbringungsgesetz aus dem Jahre 1992 soll durch ein Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) abgelöst werden, das die Hilfe für psychisch kranke Menschen in den Vordergrund stellt.

Wir brauchen ein Gesetz, das von den betroffenen Menschen akzeptiert wird, weil es ihre Rechte schützt und den Hilfeaspekt in den Vordergrund rückt. Zudem soll es Orientierung geben, wie das Hilfesystem im Vorfeld einer Krise ausgestaltet sein muss und so ineinandergreift, damit es am besten gar nicht zu einer Unterbringung kommt“, betont der Präsident des Bayerischen Bezirketags Josef Mederer.

Der Bayerische Bezirketag fordert deshalb auf seiner diesjährigen Vollversammlung, die derzeit im oberfränkischen Kloster Banz tagt, einen flächendeckenden Ausbau der psychiatrischen Krisendienste in Bayern. Auch im Gesundheitsausschuss des Bayerischen Landtags sowie im Gesundheitsministerium findet diese Idee Anklang. Strittig ist allerdings bisher noch die Finanzierung. In Oberbayern und Mittelfranken, wo bereits Krisendienste installiert wurden, befinden sich die Bezirke noch alleine in der finanziellen Verantwortung. Bezirketagspräsident Mederer fordert deshalb die Unterstützung vom Freistaat:

Die Bezirke können die Kosten für ein bayernweites Krisennetzwerk nicht alleine schultern. Der Freistaat soll sich mit mindestens 50 Prozent an den Kosten beteiligen, nur so können wir in Bayern eine gute und in allen Landesteilen gleichwertige Versorgung sicherstellen.“

Das PsychKHG soll die öffentlich-rechtliche Unterbringung regeln. Diese Art der Unterbringung unterscheidet sich dabei fundamental vom Maßregelvollzug, wo ausschließlich strafrechtlich verurteilte Patienten untergebracht sind. Bezirketagspräsident Josef Mederer setzt sich deshalb auch für die Entstigmatisierung der öffentlich-rechtlich Untergebrachten ein:

Menschen in seelischen Krisen dürfen nicht zusätzlich stigmatisiert werden. Parallelen zur Forensik müssen dabei unbedingt vermieden werden, da es sich bei den Patienten um einen ganz unterschiedlichen Personenkreis handelt.“

Darüber hinaus setzt sich der Bayerische Bezirketag für die Einführung eines zentralen Registers ein, in dem die Zwangsmaßnahmen und Unterbringungen in allen Einrichtungen – auch außerhalb psychiatrischer Kliniken – anonym erfasst werden. Dadurch soll Transparenz geschaffen und ein Signal gesetzt werden, dass Zwangsmaßnahmen nur „ultima ratio“, also das letzte mögliche Mittel, sein dürfen. Ebenso soll eine Psychiatrieberichterstattung eingeführt werden, die in einem zentralen Monitoring Daten und Entwicklungen von Menschen mit psychischen Erkrankungen erfasst. Aus diesen Erkenntnissen können dann auch gezielte Maßnahmen für bestimmte Versorgungsbereiche oder Initiativen auf Bundesebene abgeleitet werden.

Die Überlegungen zu Eckpunkten für ein Gesetz wurden dem zuständigen Ausschuss im Landtag bereits präsentiert. Die Eckpunkte selbst werden für den Herbst erwartet.

Der Ball liegt nun beim federführenden Gesundheitsministerium. Wir hoffen, dass wir möglichst viele unserer Forderungen in dem Entwurf für ein PsychKHG wiederfinden. Wir werden ansonsten für unsere Positionen kämpfen. Denn im Endeffekt haben wir alle das gleiche Ziel: Eine gute und differenzierte psychiatrische Versorgung nahe an den Menschen“, so Mederer.

Die vollständigen Positionen des Bayerischen Bezirketags können Sie der Anlage entnehmen.

Bayerischer Bezirketag, Pressemitteilung v. 08.07.2016

Redaktionelle Anmerkungen zur „Unterbringung“

Sprachlich wird der Begriff „Unterbringung“ meist ohne Differenzierung gebraucht und bezeichnet die Einweisung (ggfls. ohne oder gegen den Willen des Betroffenen) in ein psychiatrisches Krankenhaus, eine Entziehungsanstalt oder in eine sonstige Einrichtung – gleich aus welchen Gründen. Juristisch ist beim Begriff der Unterbringung zu unterscheiden zwischen

  • der Art der Unterbringung (zivilrechtliche, öffentlich-rechtliche, strafrechtliche),
  • dem Anknüpfungspunkt für die Unterbringung (dem geschützten Rechtsgut) und
  • den Voraussetzungen, dem Verfahren und dem Vollzug, mithin den Rechtsgrundlagen.

PsychKHG – Öffentlich-rechtliche Unterbringung

Anknüpfungspunkt für die Unterbringung ist die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, neben der Eigengefährdung (wie hauptsächlich bei der zivilrechtlichen Unterbringung) also auch die Fremdgefährdung (bei der strafrechtlichen Unterbringung ist Anknüpfungspunkt hingegen eine rechtswidrige Straftat). Voraussetzungen und Vollzug sind landesrechtlich geregelt: In Bayern (noch) im Unterbringungsgesetz (UnterbrG), in anderen Bundesländern meist in einem so oder so ähnlich bezeichneten „Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG)“. Hinsichtlich des Unterbringungsverfahrens ist zwischen dem behördlichen Verfahren (noch geregelt im UnterbrG) und dem gerichtlichen Verfahren (geregelt im FamFG, vgl. § 312 Nr. 3 FamFG) zu unterscheiden.

Angesichts der Tatsache, dass das UnterbrG aus dem Jahre 1992 stammt, wird auch im Freistaat seit einigen Jahren verstärkt die Ablösung des UnterbrG durch ein modernes BayPsychKHG diskutiert: Zu Meldungen in diesem Kontext.