Justizminister Bausback fordert im Bundesrat: „Verfahrensbeteiligte dürfen vor Gericht ihr Gesicht in aller Regel weder ganz noch teilweise verdecken / Rechtsstaat erlaubt keinen Verzicht auf die Wahrheit!“
Bayern bringt heute den Entschließungsantrag „Freies Gesicht im rechtsstaatlichen Verfahren“ in den Bundesrat ein. Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback hierzu vor der Länderkammer:
Es ist in der Vergangenheit vorgekommen, dass vor unseren Gerichten Zeuginnen erschienen sind, deren Gesicht durch eine Burka oder Niqab vollständig verhüllt war. Es ist davon auszugehen, dass es künftig vermehrt solche Fälle geben wird. Unsere Gerichte brauchen hier Rechtssicherheit und Rechtsklarheit durch eine eindeutige Aussage des Gesetzes: Verfahrensbeteiligte dürfen ihr Gesicht in aller Regel weder ganz noch teilweise verdecken!“
Bausback erläutert: „Burka oder Niqab verdecken vor Gericht nicht nur das Gesicht. Sie können auch die Wahrheit verschleiern. Und auf diese können wir weder ganz noch teilweise verzichten! Denn: Unsere Gerichte sind nach dem Rechtsstaatsprinzip verpflichtet, den wahren Sachverhalt bestmöglich zu erforschen.“
Das beginne bereits bei der Identitätsfeststellung – das Gericht müsse wissen, wen es vor sich hat. Außerdem gehe es auch um aussagepsychologische Erkenntnisquellen.
Bayerns Justizminister: „Wird ein Zeuge rot? Presst er erschrocken die Lippen aufeinander? Hat er Schweißperlen auf der Stirn? Das sind Fragen, die unsere Gerichte bei ihrer Suche nach der Wahrheit und damit nach materieller Gerechtigkeit beantworten müssen!“
Nach aktueller Gesetzeslage fehlen spezifische Regelungen, ob Verfahrensbeteiligte ihr Gesicht verdecken dürfen. Das Gericht muss eine Ermessensentscheidung treffen, ob es die Abnahme eines Schleiers anordnet und gegebenenfalls mit Ordnungsmitteln erzwingt, oder nicht.
Bausback abschließend: „Eine Umfrage unter den bayerischen Gerichten und Staatsanwaltschaften hat gezeigt: Die Unsicherheit im Umgang mit diesen Situationen ist groß. Die grundlegende Entscheidung sollte daher der Gesetzgeber selbst treffen und unseren Gerichten auf diese Weise die tägliche Arbeit erleichtern.“
StMJ, Pressemitteilung v. 08.07.2016