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VerfGH Österreich: Gericht prüft die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare

Der Bestand unterschiedlicher Rechtsinstitute dürfte trotz weitgehender rechtlicher Gleichstellung diskriminierend sein.

Der VerfGH hat eine amtswegige Prüfung jener gesetzlichen Bestimmungen eingeleitet, die für heterosexuelle Paare die Ehe und für homosexuelle Paare die eingetragene Partnerschaft vorsehen. Rechtlich sind gleichgeschlechtliche Paare verschiedengeschlechtlichen mittlerweile weitgehend gleichgestellt, bis hin zur gemeinsamen Elternschaft. Dennoch bestehen weiterhin unterschiedliche Rechtsinstitute. Auch „vor dem Hintergrund einer bis in die jüngste Vergangenheit reichenden rechtlichen und gesellschaftlichen Diskriminierung von Personen gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung“ hat der VerfGH in seinem Prüfungsbeschluss vom 12.10.2017 Bedenken, dass diese Differenzierung eine unzulässige Diskriminierung im Hinblick auf ihre sexuelle Orientierung darstellt.

Konkret prüft der VerfGH die Wortfolge „verschiedenen Geschlechts“ in § 44 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) sowie das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz (EPG) zur Gänze. Anlass des Verfahrens ist die Beschwerde von in eingetragener Partnerschaft lebenden Frauen, die die Zulassung zur Begründung einer Ehe beantragt haben. Dieser Antrag wurde vom Magistrat der Stadt Wien und in der Folge vom VG Wien mit dem Hinweis auf § 44 ABGB abgelehnt.

In seinem Prüfungsbeschluss stellt der VerfGH dar, wie sich die Rechtslage seit der Schaffung des EPG entwickelt und zur weitgehenden Angleichung von Ehe und eingetragener Partnerschaft geführt hat. Dennoch bestehen unterschiedliche Rechtsinstitute „für sonst in ihrem Wesen und ihrer Bedeutung für den individuellen Menschen grundsätzlich gleiche Beziehungen“.

Doch selbst bei einer völlig gleichen Ausgestaltung dieser beiden Institute dürfte die Beibehaltung verschiedener Bezeichnungen „zum Ausdruck bringen, dass Personen mit gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes eben nicht gleich den Personen mit verschiedengeschlechtlicher Orientierung sind“.

Der VerfGH wird nun ein Gesetzesprüfungsverfahren einleiten, um zu klären, ob die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken zutreffend sind. In diesem Verfahren werden schriftliche Stellungnahmen ua von der Bundesregierung eingeholt. Eine Entscheidung ist in einer der nächsten Sessionen des VerfGH zu erwarten.

VerfGH Österreich, Pressemitteilung v. 17.10.2017

Redaktionelle Hinweise

In der auf Art. 144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Schließung einer Ehe (Art. 12 EMRK) und auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung auf Grund des Geschlechtes und der sexuellen Orientierung (Art. 2 StGG; Art. 7 B-VG; Art. 8, 12, 14 EMRK) sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet.

Der Deutsche Bundestag hat am 30.06.2017 das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts beschlossen, das am 01.10.2017 in Kraft getreten ist. Der Freistaat Bayern hat die verfassungsrechtliche Überprüfung des Gesetzes beauftragt und hiermit Prof. Dr. Ferdinand Wollenschläger und Prof. em. Dr. Dr. h.c. Dagmar Coester-Waltjen betraut.