Rechtsprechung Bayern

Bei Dienstwohnungen können Betriebskosten auch nach über einem Jahr abgerechnet werden

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Zu diesem Ergebnis kommt das Verwaltungsgericht München (VG) in seinem unten vermerkten rechtskräftigen Urteil vom  23.3.2021, dem  Folgendes entnommen werden kann:  

Dienstwohnung ist Sachbezug

Dazu heißt es im Urteil:  „Die Zuweisung einer Dienstwohnung stellt einen Sachbezug i.S. des Art. 11 Bayerisches  Besoldungsgesetz (BayBesG) dar. Gemäß Art. 11 Abs. 1 BayBesG werden Sachbezüge unter Berücksichtigung ihres wirtschaftlichen Werts mit einem  angemessenen Betrag auf die Besoldung angerechnet, soweit nichts anderes bestimmt  ist. Ausgangspunkt für die Bemessung des Betrags, mit dem Sachbezüge auf die Besoldung angerechnet werden können, ist deren wirtschaftlicher Wert.  Hierbei handelt es sich um denjenigen Betrag, der für die gleiche Leistung gefordert werden könnte, wenn sie an Dritte abgegeben würde (objektiver Wert). ,Angemessen“  als Anrechnungsbetrag ist der Betrag, den der Empfänger von seiner Besoldung  für den gleichen Zweck aufbringen müsste und den er durch den Sachbezug  erspart (subjektiver Wert). Dieser subjektive Wert wird sich häufig mit dem objektiven (wirtschaftlichen) Wert decken; er kann niedriger, niemals aber höher  sein als der objektive (wirtschaftliche) Wert.  Es ist der Verwaltung insbesondere verwehrt, auf dem Weg über die Anrechnung von Sachbezügen den Beamten über den Wert der eingeräumten Nutzung hinaus  an den allgemeinen Kosten der Verwaltung für die Einrichtung und Unterhaltung  ihrer Infrastruktur zu beteiligen (BVerwG, Urteil vom 17.3.1983 – 2 C 34.81 –  BVerwG 67, 66). ,Unangemessene“ Betriebskosten können auch nicht mit dem  Hinweis darauf gerechtfertigt werden, der Beamte sei bereits durch den Ansatz der  Dienstwohnungsvergütung begünstigt (BayVGH, Urteil vom 11.5.2020 – 3 BV  18.1301–).“

Bei § 7 Abs. 6 Satz 3 Dienstwohnungsverordnung handelt es sich nicht um eine Ausschlussfrist

Das VG führt aus:  „Für das Dienstwohnungsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten  gilt die gemäß Art. 11 Abs. 2 BayBesG erlassene Verordnung über die Dienstwohnungen  der Beamten (Dienstwohnungsverordnung/DWV1)). Gemäß § 7 Abs. 1 DWV sind neben der Dienstwohnungsvergütung alle Betriebskosten im  Sinne der Betriebskostenverordnung vom Dienstwohnungsinhaber zu tragen. Es dürfen nur solche Kosten umgelegt werden, die bei Abwägung aller Umstände  gerechtfertigt sind.  Die Abrechnung der Betriebskosten für das Jahr … erstmals mit Bescheid vom… ist nicht gem. § 7 Abs. 6 Satz 3 DWV ausgeschlossen.  Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei § 7 Abs. 6 Satz 3 DWV nicht um eine Ausschlussfrist. Nach § 7 Abs. 6 Satz 2 DWV hat die Festsetzungsbehörde über die Betriebskosten jährlich abzurechnen. Nach § 7 Abs. 6 Satz 3 DWV ist die jährliche Abrechnung spätestens ein Jahr nach dem Ende des Abrechnungszeitraums  zuzuleiten. Ein Ausschluss der Geltendmachung einer Nachforderung  nach Ablauf dieser Frist ist der Regelung nicht zu entnehmen. Vielmehr bestimmt  die Regelung nur, dass die Abrechnung innerhalb eines Jahres zugeleitet  werden soll. Die Abrechnungsfrist soll eine zeitnahe Abrechnung gewährleisten,  damit der Nutzer in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum  entweder über ein sich zu seinen Gunsten ergebendes Guthaben  verfügen kann oder Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer  Nachforderung rechnen muss (BGH, Urteil vom 14.2.2007 – VIII ZR 1/06 –  WuM 2007, 196 = NJW 2007, 1059 zu einem mietrechtlichen Fall). Eine Überschreitung  dieser Frist hat jedoch nicht den Ausschluss der Geltendmachung zur  Folge. Denn dies ist – anders als in der vergleichbaren mietrechtlichen Bestimmung  des § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB – in den vorliegend maßgeblichen rechtlichen  Bestimmungen nicht ausdrücklich normiert worden. Nach § 556 Abs. 3 Satz 3  BGB ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter nach Ablauf  dieser Frist ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung  nicht zu vertreten. Eine solche ausdrückliche Normierung fehlt gerade  in der Dienstwohnungsverordnung.“

Eine analoge Anwendung des § 556 Abs. 3 Satz 2, 3 BGB kommt nicht in Betracht

Zur Begründung heißt es im Urteil:  „Zwar mag eine vergleichbare Interessenlage bestehen, es fehlt allerdings an  einer planwidrigen Regelungslücke. Die in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB normierte  Ausschlussfrist ist im Rahmen der Mietrechtsreform 2001 in das BGB eingefügt  worden. Die ursprüngliche Regelung war mit derjenigen der Dienstwohnungsverordnung  identisch. Die ausdrückliche Normierung im Rahmen der Mietrechtsreform  erfolgte, da sich der Ausschluss von Nachforderungen nach Ablauf der  Jahresfrist aus der ursprünglichen Fassung nicht ableiten ließ und dies in Rechtsprechung  und Literatur umstritten war (vgl. BGH, Urteil vom 9.3.2005 – VIII  ZR 57/04 –). Dass die Regelung in der Dienstwohnungsverordnung nicht angepasst  wurde, obwohl die mietrechtliche Regelung geändert worden ist, ist ein  Beleg dafür, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegend nicht gegeben ist  (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 16.5.2006 – 4 K 498/04 –).“

Verwaltungsgericht München, Urteil vom 23.3.2021 – 5 K 18.994

Entnommen aus Gemeindekasse Bayern 4/2022, Rn. 39