Am 1.1.2022 ist das unten vermerkte Bayerische Grundsteuergesetz vom 10.12.2021 in Kraft getreten. Auf dessen Grundlage werden die bayerischen Gemeinden ab 1.1.2025 die Grundsteuer erheben.
Die Rechtsgrundlagen der Grundsteuer sind auf drei Gesetze verteilt, nämlich das Bayerische Grundsteuergesetz (BayGrStG), das Grundsteuergesetz des Bundes (GrStG) und das Bewertungsgesetz (BewG). Da die Grundsteuer gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG zu den Materien der Abweichungsgesetzgebung zählt, gilt im Verhältnis von Bundesrecht und Landesrecht nicht der Vorrang des Bundesrechts gemäß Art. 70 GG, sondern der Vorrang des späteren Gesetzes. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayGrStG bestimmt, dass das Bundesrecht nur Anwendung findet, soweit sich aus dem BayGrStG nichts anderes ergibt.
Bei der Bewertung des Grundvermögens (zum Begriff § 243 BewG) für Zwecke der Grundsteuer B verdrängen Art. 1 bis 8 BayGrStG die Regelungen des Bundesrechts in §§ 243 ff. BewG nahezu vollständig, während die bundesgesetzlichen Regelungen der §§ 232 ff. BewG zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens für Zwecke der Grundsteuer A mit nur wenigen landesrechtlichen Ergänzungen durch Art. 9 BayGrStG maßgeblich bleiben. Das Besteuerungsverfahren folgt gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 BayGrStG den bundesrechtlichen Regelungen der Abgabenordnung (AO).
Die Gemeinden sind in doppelter Weise von der Grundsteuer betroffen. Zunächst sind sie Steuergläubiger, die Grundsteuer ist eine wichtige und vor allem die wohl mit am besten planbare Einnahmequelle der Gemeinden. Zugleich aber sind die Gemeinden für ihren eigenen Grundbesitz Steuerschuldner. Da die damit verbundenen Erklärungspflichten zeitlich der Veranlagung zur Grundsteuer vorgelagert sind, wird dieses Thema an den Anfang dieses Beitrags gestellt.
Eigentümerpflichten der Gemeinden
Die Gemeinden sind grundsätzlich wie alle anderen Eigentümer von Grundbesitz verpflichtet, ihren in Bayern belegenen Grundbesitz gegenüber dem zuständigen Lagefinanzamt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 1 AO) zu erklären. Die territoriale Beschränkung auf das Gebiet des Freistaats Bayern wird vom BayGrStG nicht ausdrücklich geregelt, sondern implizit vorausgesetzt; Art. 1 Abs. 5 BayGrStG bestimmt, dass die wirtschaftliche Einheit abweichend von § 2 BewG in jedem Fall an der Staatsgrenze endet, was insbesondere für die Grundsteuer A von Bedeutung ist.
Die Verpflichtung zur Abgabe einer Grundsteuererklärung folgt aus der Allgemeinverfügung des Landesamts für Steuern (LfSt) vom 30.3.2022 (veröffentlicht auf www.grundsteuer.bayern.de), die gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayGrStG die Rechtspflicht aus § 228 Abs. 1 Satz 1 BewG, § 149 Abs. 1 Satz 2 AO konkretisiert und aktualisiert hat. Danach ist die Grundsteuererklärung im Zeitraum vom 1.7. bis 31.10.2022 abzugeben.
Hiervon ist der bislang steuerbefreite Grundbesitz der Gemeinden ausgenommen (Verfügung des LfSt vom 31.3.2022, veröffentlicht auf www.grundsteuer.bayern.de). In Betracht kommen dabei insbesondere die Steuerbefreiungen nach §§ 3, 4 GrStG. Die Steuerbefreiungen gemäß § 3 GrStG erfordern, dass der Grundbesitz einem begünstigten Rechtsträger zuzurechnen ist und von einem solchen begünstigten Rechtsträger für einen steuerbegünstigten Zweck unmittelbar benutzt wird. Neben den Gemeinden sind auch alle anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Religionsgesellschaften, gemeinnützige Organisationen und die Bundeseisenbahn begünstigte Rechtsträger.
Auf gemeindlicher Ebene dürfte vor allem die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 1 GrStG von Bedeutung sein. Dieser betrifft Grundbesitz, der für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch verwendet wird. Öffentlicher Dienst oder Gebrauch im Sinne dieses Gesetzes ist gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 GrStG die hoheitliche Tätigkeit oder der bestimmungsgemäße Gebrauch durch die Allgemeinheit. Demgegenüber scheidet gemäß § 3 Abs. 3 GrStG eine Steuerbefreiung aus, wenn der Grundbesitz durch einen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) genutzt wird. Für einen Betrieb gewerblicher Art ist eine wirtschaftliche Tätigkeit von einigem Gewicht erforderlich, nicht aber zwingend ein Handeln mit Gewinnerzielungsabsicht. Bei Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht ist aber in jedem Fall ein öffentlicher Dienst oder Gebrauch ausgeschlossen.
Nach der Verfügung des LfSt vom 31.3.2022 sind ferner unabhängig von ihrer Rechtsform Verkehrsunternehmen, die im alleinigen Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, für ihren bislang steuerbefreiten Grundbesitz von Erklärungspflichten befreit. Dabei dürfte zumeist die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG für die dem öffentlichen Verkehr unmittelbar dienenden Straßen, Wege, Plätze, Wasserstraßen, Häfen und Schienenwege einschlägig sein. Andere Gebäude und Einrichtungen des Verkehrsunternehmens wie Verwaltungs- und Betriebsgebäude sind dagegen nicht von dieser Steuerbefreiung erfasst.
Ähnliche Befreiungen von der Erklärungspflicht gelten nach der Verfügung vom 31.3.2022 für den bislang steuerbefreiten Grundbesitz der Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind (mit Ausnahme der nach § 3 Nr. 5 GrStG steuerbefreiten Dienstwohnungen von Geistlichen, für die stets eine Grundsteuererklärung abzugeben ist).
Diese weitreichenden Ausnahmen von der Erklärungspflicht tragen dem Umstand Rechnung, dass die Steuerbefreiungen aus dem bisherigen Recht nahezu unverändert übernommen worden sind und der Lebenssachverhalt in diesen Fällen über lange Zeit unverändert bleibt. Zudem ist in den seltenen Fällen einer Nutzungsänderung gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayGrStG in Verbindung mit § 228 Abs. 2 BewG eine Anzeige an das Finanzamt zu erstatten, so dass Steuerausfälle nicht zu besorgen sind.
Für steuerbefreiten Grundbesitz von juristischen Personen des Privatrechts ist keine Befreiung von der Erklärungspflicht vorgesehen, wohl aber eine Verlängerung der Frist zur Abgabe der Erklärung um 18 Monate.
Umfang der zu erklärenden Daten
Soweit für die Gemeinden nach den vorstehenden Ausführungen eine Erklärungspflicht besteht, sind neben den Angaben, die zur Identifizierung des Grundbesitzes erforderlich sind, insbesondere die Grundstücksfläche sowie die Wohn- bzw. Nutzfläche der Gebäude zu erklären. In der Regel werden die grundstücksbezogenen Daten den Gemeinden als Eigentümer vorliegen. Daneben kann der Bayern-Atlas der Vermessungsverwaltung herangezogen werden, über den gemäß Art. 10a Abs. 2 BayGrStG im Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2022 die für die Erklärung erforderlichen grundstücksbezogenen Daten abgerufen werden können.
Für die Ermittlung der Wohnfläche sind gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayGrStG für die Wohnfläche die Vorgaben der Wohnflächenverordnung vom 25.11.2003 (BGBl I S. 2346) maßgeblich. Die Wohnfläche kann in der Regel aus vorhandenen Unterlagen wie Kauf- oder Mietverträgen, Bauanträgen oder Bauplänen abgelesen werden, bei Wohnungseigentum regelmäßig auch aus den Wohngeld- und Nebenkostenabrechnungen, die häufig eine Verteilung nach Wohnfläche vorsehen.
Nur selten wird eine Vermessung von Hand erforderlich sein. Aus Vereinfachungsgründen bestimmt Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayGrStG, dass das häusliche Arbeitszimmer zurWohnfläche zählt. Für die Nutzfläche kann jedes sachgerechte und anerkannte Verfahren, insbesondere die DIN 277 (Grundflächen und Rauminhalte im Hochbau), herangezogen werden.
Für die einer Wohnnutzung rechtlich zugeordneten Garagen ist gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 BayGrStG ein Freibetrag von 50 m2, für Nebengebäude gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 1 BayGrStG ein Freibetrag von 30 m2 anzusetzen. Dieser Freibetrag gilt für jede wirtschaftliche Einheit, der die Garagen bzw. Nebengebäude rechtlich zugeordnet sind, damit in den gängigen Fallkonstellationen kein Bedarf nach einer detaillierten Erfassung der entsprechenden Nutzflächen besteht.
Die rechtliche Zuordnung wird sich häufig schon daraus ergeben, dass das Wohngebäude und die Garagen bzw. Nebengebäude zur selben wirtschaftlichen Einheit gehören. Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 bzw. Art. 2 Abs. 3 Satz 2 BayGrStG geht jedoch hervor, dass die Freibeträge auch dann gewährt werden, wenn die Garagen bzw. Nebengebäude eine eigene wirtschaftliche Einheit bilden, insbesondere wenn diese vom Wohngebäude räumlich getrennt sind.
Aus denselben Erwägungen bestimmt der Gesetzgeber in Art. 2 Abs. 4 Satz 1 BayGrStG, dass ein Grundstück als unbebaut gilt, wenn sich dort lediglich Gebäude mit einer Gesamtfläche von höchstens 30 m2 befinden. Dabei handelt es sich nicht wie bei den vorhergehenden Absätzen um einen Freibetrag, sondern um eine Freigrenze, so dass bei Überschreiten dieses Betrages die ganze Fläche, nicht nur der 30 m2 übersteigende Anteil zu erklären sind. Im Rahmen von Art. 2 Abs. 4 Satz 2 BayGrStG gibt der Gesetzgeber die Anknüpfung an die einzelne wirtschaftliche Einheit auf, da die Gesamtgröße des Gebäudes bei einer typisierenden wertenden Betrachtung ein starker Indikator für dessen Infrastrukturrelevanz ist.
Berechnung der Äquivalenzbeträge
Die Berechnung der Grundsteuer erfolgt formal in drei Schritten (Feststellung der Äquivalenzbeträge und Festsetzung des Messbetrags durch das Finanzamt, Festsetzung der Steuer durch die Gemeinde), die äußerlich dem Bundesrecht ähneln.
Zunächst sind die auf Grund und Boden und auf die Gebäude entfallenden Äquivalenzbeträge gemäß Art. 1 Abs. 3 BayGrStG durch Multiplikation der Flächen von Grund und Boden sowie der Wohn- bzw. Nutzflächen mit den jeweiligen Äquivalenzzahlen zu ermitteln. Zur Ermittlung der Äquivalenzbeträge ist die Fläche von Grund und Boden gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayGrStG grundsätzlich mit der Äquivalenzzahl 4 Cent/m2, die Gebäudefläche gemäß Art. 3 Abs. 2 BayGrStG stets mit der Äquivalenzzahl 50 Cent/m2 anzusetzen.
Die Äquivalenzzahlen stellen die erste Stufe des Steuertarifs dar und verteilen die Steuerbelastung anteilig auf den Grund und Boden und die Bebauung. Diese Multiplikatoren erheben nicht den Anspruch, eine Wertrelation oder sonst einen empirischen Befund abzubilden, sondern sind Ausdruck der Belastungsentscheidung des Gesetzgebers. Es ist daher schon im Ansatz verfehlt, die aus der Multiplikation von Flächen und Äquivalenzzahlen gewonnenen Beträge mit dem äußerlich im selben Verfahrensschritt nach Bundesrecht entwickelten Grundsteuerwert vergleichen zu wollen: Die Äquivalenzbeträge sind bloße arithmetische Zwischenergebnisse, die keinen eigenständigen Aussagewert haben. Dagegen erhebt der Grundsteuerwert nach Bundesrecht den Anspruch, an Verkehrswerten orientiert zu sein, und ist der Anwendung des Tarifs vorgelagert. Das Bundesrecht setzt hier – wie es das BVerfG in seinem zweiten Erbschaftsteuer-Urteil vom 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 vorgegeben hat – eine scharfe Zäsur, für die es im bayerischen Landesrecht mangelsWertbezug keine Entsprechung gibt.
Die einfache Ermittlung der Äquivalenzbeträge erfährt eine Verfeinerung bei übergroßen Grundstücken, die steuerlich entlastet werden. Im Rahmen der relativen Übergrößenregelung des Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayGrStG kommt es allein darauf an, ob die Grundstücksfläche mehr als das Zehnfache der Gebäudefläche beträgt. In diesem Fall sinkt die Äquivalenzzahl auf die Hälfte des regulären Tarifs, also auf 2 Cent/m2. Der Gesetzgeber geht in typisierender Betrachtung davon aus, dass der gemeindliche Aufwand für ein Grundstück geringer ist, wenn es nur wenig Bebauung aufweist.
Demgegenüber greift die abstrakte Übergrößenregelung des Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayGrStG erst bei Grundstücken von mehr als 10.000 m2 Fläche, sieht aber für die Flächen, die diese Schwelle überschreiten, einen exponentiell degressiven Tarif vor, der verhältnismäßig schnell zu deutlich niedrigeren Äquivalenzzahlen und damit auf den Quadratmeter bezogen einer wesentlich niedrigeren Steuerbelastung führt. Auch insoweit geht der Gesetzgeber typisierend davon aus, dass der Aufwand der Gemeinde für die den Schwellenwert von 10.000 m2 überschreitenden Flächen eines übergroßen Grundstücks nicht mehr linear, sondern nur noch unterproportional anwächst.
Angesichts der Entlastungswirkung der relativen und insbesondere der absoluten Übergrößenregelung ist eine genaue Prüfung des Umfangs der wirtschaftlichen Einheit angezeigt. Der Umfang der wirtschaftlichen Einheit bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 BewG nach den Anschauungen des Verkehrs; dabei sind die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Grundstücke zu berücksichtigen.
Gemäß § 2 Abs. 2 BewG kann eine wirtschaftliche Einheit nur so weit reichen, als die Flurstücke demselben Eigentümer gehören. Grundstücke mehrerer Eigentümer können somit niemals zu einer einzigen wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden, selbst wenn diese von derselben Person gemietet oder gepachtet worden sind und derselben wirtschaftlichen Zielsetzung zu dienen bestimmt sind.
Die Äquivalenzbeträge für Grund und Boden sowie für die Wohn- bzw. Nutzfläche sind Gegenstand einer gesonderten Feststellung (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Der Bescheid ist einer eigenständigen Bestandskraft fähig und stellt einen Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO für den Messbetragsbescheid als Folgebescheid dar. Besondere Regelungen für diesen Feststellungsbescheid gelten gemäß § 181 Abs. 3, 4 AO für die Feststellungsfrist, gemäß § 182 Abs. 2 AO für die Wirkung gegenüber einem Rechtsnachfolger und gemäß § 184 Abs. 4, § 122 Abs. 7 AO für die Bekanntgabe des Bescheids an Ehegatten bzw. an Eltern und ihre Kinder.
Entnommen aus der Fundstelle Bayern Heft 14/2022, Rn. 170.