Rechtsprechung Bayern

Bayerisches Besoldungsgesetz: Übergangsregelung im Beamtenverhältnis auf Widerruf ist verfassungskonform

© domoskanonos - stock.adobe.com

Amtlicher Leitsatz: Die Übergangsregelung für Anwärter und Anwärterinnen in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf gemäß Art. 108 Abs. 8 des zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Bayerischen Besoldungsgesetzes ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.

BayVerfGH, Entscheidung vom 21.04.2021, Vf. 85-VII-20

Zum Sachverhalt:

Gegenstand der Popularklage ist die Bestimmung des Art. 108 Abs. 8 Bayerisches Besoldungsgesetz (BayBesG) vom 5. August 2010 (GVBl. S. 410, 764, BayRS 2032-1-1-F), das zuletzt durch § 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 2020 (GVBl. S. 683) geändert worden ist.

Die angegriffene Vorschrift lautet wie folgt:

Art. 108
Sonstige Übergangsregelungen

(8) 1 Anwärter und Anwärterinnen in Laufbahnen mit einem Eingangsamt der Besoldungsgruppen bis A 10, die sich am 31. Juli 2010 in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf befinden und ab dem 1. Januar 2011 in ein Beamtenverhältnis auf Probe berufen werden, erhalten ein Grundgehalt nach Anlage 3 mindestens in der Höhe, das sich unter Anwendung der §§ 27 bis 30 des Bundesbesoldungsgesetzes in der am 31. August 2006 geltenden Fassung ergibt. 2 Ist das sich nach Satz 1 ergebende Grundgehalt höher als das nach Art. 30 und 31, wird dieses Grundgehalt solange gewährt, bis es betragsmäßig der Stufe entspricht, die durch Anwendung des Art. 30 Abs. 2 und 3 tatsächlich erreicht wird. …

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) – sogenannte Föderalismusreform – wurde die bis dahin bestehende konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Besoldung und Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen (Art. 74a Abs. 1 GG a. F.), aufgehoben; insoweit besteht seit 1. September 2006 eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder für ihre Landesbeamten. Nach Art. 125a Abs. 1 GG galt das bisherige Bundesrecht – das Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) – fort; es konnte durch Landesrecht ersetzt werden. Von dieser Befugnis hat der bayerische Gesetzgeber mit dem Bayerischen Besoldungsgesetz vom 5. August 2010 (GVBl. S. 410, 764) Gebrauch gemacht. Das Gesetz ist zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten. Art. 108 BayBesG gehört zu den Übergangsvorschriften, die die Überleitung des bisherigen Rechtszustands in die Bestimmungen des Bayerischen Besoldungsgesetzes sicherstellen sollen.

Nach der am 31. August 2006 geltenden Fassung des Bundesbesoldungsgesetzes wurde das in den Bundesbesoldungsordnungen A und B geregelte Grundgehalt der Beamten (und Soldaten) nach Stufen bemessen; das Aufsteigen in den Stufen bestimmte sich nach dem Besoldungsdienstalter und der Leistung (§ 27 Abs. 1 BBesG a. F.). Das Grundgehalt stieg bis zur fünften Stufe im Abstand von zwei Jahren, bis zur neunten Stufe im Abstand von drei Jahren und darüber hinaus im Abstand von vier Jahren (§ 27 Abs. 2 BBesG a. F.). Das Besoldungsdienstalter begann am Ersten des Monats, in dem der Beamte (oder Soldat) das 21. Lebensjahr vollendet hatte (§ 28 Abs. 1 BBesG a. F.).

Nach Art. 30 Abs. 1 BayBesG wird das Grundgehalt in Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A nach Stufen bemessen; bei der erstmaligen Begründung eines Beamtenverhältnisses mit Anspruch auf Grundbezüge (Diensteintritt) erfolgt die Zuordnung zur ersten mit einem Grundgehaltsbetrag ausgewiesenen Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe (Anfangsstufe). Das Grundgehalt steigt gemäß Art. 30 Abs. 2 Satz 1 BayBesG bei einer Leistung, die den mit dem Amt verbundenen Mindestanforderungen entspricht, in regelmäßigen Zeitabständen in den Stufen bis zum Erreichen der letzten Stufe (Endstufe) an. Die Zeitabstände betragen bis zur Stufe 4 zwei Jahre, danach bis zur Stufe 8 drei Jahre und darüber hinaus vier Jahre.

Der Antragsteller ist Regierungsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst des Freistaates Bayern. Vom 1. Oktober 2008 bis zum 3. September 2009 stand er in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf, das wegen endgültigen Nichtbestehens der für die Laufbahn als Steuerinspektor vorgeschriebenen Prüfung endete. Mit Urkunde vom 31. August 2010 wurde er mit Wirkung zum 1. Oktober 2010 unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Regierungsinspektoranwärter ernannt. Mit Wirkung zum 14. Oktober 2013 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Regierungsinspektor ernannt und erhielt ein Grundgehalt aus der ersten Stufe der Besoldungsgruppe A 9.

Der Antragsteller beantragte erfolglos, ihm den Vorbereitungsdienst für die Steuerverwaltung als sonstige für die Beamtentätigkeit förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeit mit der Wirkung einer fiktiven Vorverlegung des Dienstantritts (Art. 31 Abs. 2 BayBesG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung) anzuerkennen. Er erstrebte sodann, sein Grundgehalt aus der Besoldungsstufe 7 der Besoldungsgruppe A 9 zu berechnen.

Der Antrag wurde unter Hinweis darauf abgelehnt, dass Art. 108 Abs. 9 BayBesG a. F. (nunmehr Art. 108 Abs. 8 Bay- BesG) auf den Antragsteller keine Anwendung finde, weil er sich am 31. Juli 2010 noch nicht im Beamtenverhältnis auf Widerruf befunden habe. Eine verwaltungsgerichtliche Klage blieb erfolglos. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 12. Juni 2018 ließ der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. Januar 2020 die Berufung nicht zu.

 

Entommen aus den Bayerischen Verwaltungsblättern, 21/2022, S. 736.