Rechtsprechung Bayern

Kostenersatz für Feuerwehreinsatz im technischen Hilfsdienst

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Art. 28 BayFwG; §§ 2, 3 KrWG; §§ 4, 39, 40 WHG; §§ 5, 7 WaStrG; Art. 14, 89 GG; §§ 947, 948 BGB; Art. 2, 22 BayWG (Kostenersatz für Feuerwehreinsatz im technischen Hilfsdienst; Beseitigung einer Öllache auf dem Main; [Teil-]Verdrängung des Sicherheitsrechts durch das Abfallrecht; Zustandsverantwortlichkeit des Bundes für Bundeswasserstraßen; Innehaben der tatsächlichen Gewalt über eine Öllache; Eigentum an der „fließenden Welle“ in Bundeswasserstraßen; Reichweite der wasserwirtschaftlichen Unterhaltungslast)

Amtliche Leitsätze:

  1. An einer sicherheitsrechtlich einer bestimmten Person als Zustandsstörer zurechenbaren Sachherrschaft fehlt es, wenn sich die störende Sache auf einem der Allgemeinheit frei zugänglichen Grundstück befindet.
  2. Zu dem nach Art. 89 Abs. 1 GG auf den Bund übergegangenen Eigentum an den vormaligen Reichswasserstraßen gehört abweichend von § 4 Abs. 2 WHG auch die sogenannte fließende Welle.
  3. Die Pflicht zur Gewässerunterhaltung nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 WHG umfasst auch die zur Beseitigung von Ölverunreinigungen erforderlichen Maßnahmen.

BayVGH, Urteil vom 20.07.2022, 4 B 20.3009 (nicht rechtskräftig)

Zum Sachverhalt

Die Klägerin (Bundesrepublik Deutschland) wendet sich gegen die Heranziehung zum Kostenersatz für den Einsatz einer Gemeindefeuerwehr aufgrund einer Mineralölverunreinigung auf dem Main. Am 23.05.2015 wurde die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten wegen einer Gewässerverunreinigung im Bereich der Schleuse Ottendorf alarmiert. An dem mehrstündigen Einsatz, bei dem insbesondere der Vorkanal der Schleuse mit einer Ölsperre gesichert und das Mineralöl abgeschöpft wurde, waren 23 Feuerwehrkräfte mit vier Fahrzeugen und einem Boot beteiligt. Ein Verursacher der Gewässerverunreinigung konnte in der Folgezeit nicht ermittelt werden. In einem Untersuchungsbefund des Bayerischen Landesamts für Umwelt wurde festgestellt, die Probe aus der Mainschleuse zeige – anders als eine Probe aus einem in der Nähe des Einsatzorts angetroffenen Schiff – nur das typische Bild von Diesel.

Mit einem an das Wasser- und Schifffahrtsamt Schweinfurt gerichteten Bescheid vom 29.02.2016 stellte die Beklagte fest, dass durch den Einsatz ihrer Freiwilligen Feuerwehr am 23.05.2015 Kosten in Höhe von 6842,59 € entstanden seien (Nr. 1); Verwaltungsgebühren würden nicht erhoben (Nr. 2). In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, die Tätigkeiten der Feuerwehr der Beklagten seien technischer Hilfsdienst im Rahmen eines Einsatzes, bei dem die Gefahr durch den Betrieb eines Wasserfahrzeugs entstanden sei.

Nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG sei zum Ersatz der Kosten verpflichtet, wer die zum Einsatz der Feuerwehr führende Gefahr verursacht habe oder sonst zur deren Beseitigung verpflichtet gewesen sei. Da hier ein Verursacher nicht habe ermittelt werden können, sei der für die Wasserstraße Main Unterhaltungspflichtige zur Gefahrenbeseitigung und zum Kostenersatz verpflichtet. Die Heranziehung entspreche pflichtgemäßem Ermessen, da die Beklagte nach Art. 61 und Art. 62 GO grundsätzlich verpflichtet sei, Begünstigte von Feuerwehreinsätzen zur Kostenerstattung heranzuziehen. Die der Kostenforderung zugrunde gelegten Pauschalsätze seien durch eine Satzung festgelegt worden. Gegen den Bescheid legte die Klägerin, vertreten durch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Würzburg, Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 21.09.2018 wies das Landratsamt Schweinfurt den Widerspruch zurück. Unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 29.02.2016 erließ die Beklagte am 28.06.2019 „zur Klarstellung“ einen „weiteren Bescheid“, wonach ihr durch den Einsatz ihrer Freiwilligen Feuerwehr am 23.05.2015 Kosten in Höhe von 6842,59 € entstanden seien (Nr. 1), zu deren Erstattung die Beklagte verpflichtet sei (Nr. 2). Mit dem klarstellenden Bescheid, der einen Leistungsausspruch im Tenor enthalte, werde der Ausgangsbescheid ergänzt. Gegen diesen weiteren Bescheid erhob die Klägerin ebenfalls Widerspruch, über den nicht mehr entschieden wurde.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Würzburg am 06.02.2020 erklärte der an dem Einsatz beteiligte Kreisbrandrat, der Ölfilm habe sich im Schleusenbereich über die gesamte Breite des Mains erstreckt; der Gewässergrund sei seiner Einschätzung nach nicht betroffen gewesen. Das Ufer sei insofern betroffen gewesen, als sich der Ölfilm im angrenzenden Bereich des Wassers bewegt habe. Mit Urteil vom 06.02.2020 wies das VG Würzburg die Klage ab. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung.

 

Entnommen: BayVBl. 22/2022, S. 776