Rechtsprechung Bayern

Datenschutz beim Fotografieren von Falschparkern

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Ein Kläger wendet sich gegen eine von dem beklagten Landesamt für Datenschutzaufsicht ausgesprochene datenschutzrechtliche Verwarnung. Er hatte an mehrere Polizeiinspektionen wiederholt von ihm gefertigte Lichtbilder von parkenden Pkw oder Lkw zum Zwecke der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit gesandt.

Art. 6, 58 DS-GVO; § 158 StPO; § 46 OWiG (Fotografieren von Falschparkern; Datenschutz; Anzeigenerstattung mit Lichtbild; Erforderlichkeit; datenschutzrechtliche Verwarnung)

Nichtamtliche Leitsätze
  1. Der Begriff des berechtigten Interesses des Verantwortlichen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f DS-GVO umfasst auch Datenverarbeitungen, die dazu erforderlich sind, zuständigen Behörden Hinweise auf begangene Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu geben.
  2. Eine persönliche Betroffenheit des Anzeigenerstatters ist für das Vorliegen eines berechtigten Interesses nicht erforderlich.

VG Ansbach, Urteil vom 02.11.2022, AN 14 K 21.01431* (rechtskräftig)

Zum Sachverhalt

Der Kläger wendet sich gegen eine von dem beklagten Landesamt für Datenschutzaufsicht ausgesprochene datenschutzrechtliche Verwarnung. Der Kläger übersandte an mehrere Polizeiinspektionen in X wiederholt von ihm gefertigte Lichtbilder von parkenden Pkw oder Lkw zum Zwecke der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit. Die Übersendung der Lichtbilder erfolgte über das Portal Y. Ausweislich der Beschreibung auf der Plattform Y können dort Aufnahmen von „Falschparkern“ hochgeladen und nach Beschreibung des Verstoßes per E-Mail an das Ordnungsamt weiterversandt werden. Die Betreiber der Plattform erhoffen sich dadurch die Schaffung sichererer Fuß- und Fahrradwege.

Am 17.06.2020 übermittelte der Kläger über die Plattform Y Aufnahmen verschiedener Fahrzeuge zusammen mit acht schriftlichen Anzeigen festgestellter Verkehrsordnungswidrigkeiten an die Polizeiinspektion D. Auf den Lichtbildern waren die Kfz (sieben Pkw und ein Lkw), die Parksituation sowie die Kennzeichen erkennbar. Die Lichtbilder wurden am 12.05.2020, 15.06.2020 und 16.06.2020 aufgenommen.

In den Anzeigen benannte der Kläger die Örtlichkeit des durch ihn festgestellten Verstoßes sowie die Art des Verstoßes, die Uhrzeit, das Kennzeichen sowie die Farbe und Marke der Fahrzeuge. Bereits zuvor hatte der Kläger an die Polizeiinspektionen B, C und A Anzeigen per E-Mail übermittelt. Auf den meisten der übersandten Lichtbilder ist das amtliche Kennzeichen des jeweiligen durch den Kläger angezeigten Fahrzeugs deutlich erkennbar.

Von den acht schriftlichen Anzeigen wurden zwei durch die Polizeiinspektion A weiterverfolgt. Hierbei handelte es sich um Anzeigen zu zwei Kfz nach Aufnahmen vom 15.06.2020 und vom 12.05.2020. Das Kriminalfachdezernat K übersandte am 23.06.2020 acht Ereignismeldungen der Polizeiinspektion A an den Beklagten mit der Bitte um Prüfung in Bezug auf § 43 BDSG. Es dürfe bezweifelt werden, dass ein berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 6 DSGVO vorliege.

Am 20.07.2020 übersandte das Kriminalfachdezernat K eine Ereignismeldung der Polizeiinspektion C an den Beklagten mit der Bitte um Prüfung, ob ein Datenschutzverstoß vorliege. Der Kläger habe im Zeitraum vom 06.07.2020 bis 15.07.2020 zwei Fahrzeuge in der B-Straße und einen weiteren Pkw an zwei verschiedenen Tagen bei der Anschrift „Am S-Weg“ fotografiert, um sie wegen falschen Parkens anzuzeigen. Der Kläger wohne nicht in unmittelbarer Nähe zu diesen Orten, eine persönliche Betroffenheit werde nicht geltend gemacht.

Das Kriminalfachdezernat K übersandte am 03.11.2020 eine erneute Ereignismeldung der Polizeiinspektion C an den Beklagten mit der Bitte um Überprüfung des Sachverhalts, insbesondere eines berechtigten Interesses des Klägers. Dieser habe im Zeitraum vom 26. bis 27.10.2020 in mehreren E-Mails insgesamt fünf Anzeigen wegen falschen Parkens bei der Polizeiinspektion C erstattet. Jeder Vorgang habe sich auf Parken im Fünf- Meter-Bereich an Kreuzungen und Einmündungen im Norden von X bezogen und jeder E-Mail sei ein Lichtbild mit einem deutlich erkennbaren Kennzeichen beigefügt gewesen. Der Kläger begründe sein berechtigtes Interesse an einer Verfolgung unter anderem dadurch, dass er als Bürger von X mit dem Fahrrad unterwegs sei. Auch könne seine fünfjährige Tochter dann nicht auf dem Gehweg fahren.

Bereits am 22.10.2020 seien elf Anzeigen an die Polizeiinspektion C verschickt worden, ohne dass eine separate Ereignismeldung an das Kriminalfachdezernat K erstellt worden sei. Der Beklagte sah jeweils von der Einleitung eines Bußgeldverfahrens ab. Mit Schreiben vom 24.02.2021 hörte der Beklagte in der Funktion als Datenschutzaufsichtsbehörde den Kläger vor Erlass einer Verwarnung an. Der damalige Bevollmächtigte des Klägers nahm hierzu mit Schreiben vom 30. April 2021 Stellung.

Mit Schreiben des Beklagten vom 30.06.2021, dem vormals Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 06.07.2021, wurde der Kläger gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO aufgrund des in dem Schreiben des Beklagten näher bezeichneten Datenschutzverstoßes verwarnt (Ziffer I.). Die Kosten des Verfahrens wurden dem Kläger auferlegt (Ziffer II.) und die Gebühr für die Verwarnung auf 100,00 € festgesetzt (Ziffer III.). Die Auslagen würden sich aus der Kostenrechnung ergeben (Ziffer IV.). Hiergegen erhob der Kläger per Fax vom 06.08.2021, bei Gericht am selben Tag eingegangen, Klage.

 

Entnommen aus den Bayerischen Verwaltungsblättern 7/2023, S. 241