Recht Deutschland & Europa

Mindestabstandsgebot zwischen Wettvermittlungsstellen und Schulen voraussichtlich unionsrechtswidrig

© Kzenon - stock.adobe.com

Die landesrechtliche Glücksspielregelung, die einen Mindestabstand zwischen Wettvermittlungsstellen und Schulen von 250 m vorsieht, ist voraussichtlich unionsrechtswidrig. Einem Passauer Wettvermittlungsunternehmen wurde von der Regierung von Niederbayern sofort vollziehbar untersagt, eine Wettvermittlungsstelle in circa 65 m Entfernung zu einer weiterführenden Schule in Passau zu betreiben.

Begründet wurde die Untersagung mit einem Verstoß gegen eine landesrechtliche Glücksspielregelung, die einen Mindestabstand von 250 m zu Schulen und anderen ähnlichen Einrichtungen vorsieht. Der dagegen gerichtete Eilantrag blieb beim Verwaltungsgericht Regensburg (VG) ohne Erfolg.

Der BayVGH hat den Beschluss des VG abgeändert und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Untersagung der Sportwettvermittlung angeordnet. Das Mindestabstandsgebot ist zwar grundsätzlich geeignet, die Verwirklichung des mit ihm verfolgten Ziels des Jugend- und Spielerschutzes zu gewährleisten, indem es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern. Es verletzt jedoch voraussichtlich die europarechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit, weil für Spielhallen und ähnliche Betriebe mit Geldspielgeräten trotz vergleichbarer Außenwirkung auf schutzwürdige Personen keine entsprechenden Vorgaben bestehen.

Das Gefährdungs- und Suchtpotenzial von Geldspielgeräten ist nach wissenschaftlichen Untersuchungen als mindestens ebenso hoch wie das von Sportwetten anzusehen. Es liegt daher ein Verstoß gegen das europarechtliche Kohärenzgebot vor, wonach Regelungen, welche die Glücksspieltätigkeit einschränken, nicht durch eine gegenläufige Politik in anderen Glücksspielbereichen mit einemgleich hohen oder höheren Suchtpotenzial unterlaufen werden dürfen. Die landesrechtliche Regelung, die in Bayern ein Mindestabstandsgebot von 250 m vorsieht, muss deshalb wegen des Vorrangs des Unionsrechts unangewendet bleiben.

Beschl. v. 21.03.2023, 23 CS 22.2677, PM v. 21.03.2023.

 

Entnommen aus den Bayerischen Verwaltungsblättern, S. III (Notizen)