Rechtsprechung Bayern

Rechtmäßigkeit der Datenerhebung

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Art. 6 DSGVO; Art. 1, 2 GG; § 123 VwGO; § 1004 BGB analog; § 99 AO; Art. 4 BayDSG (Allgemeiner öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch; gemeindlich veranlasste Drohnenbefliegung von Wohngrundstücken zur Ermittlung von Geschossflächenzahlen; Rechtmäßigkeit der Datenerhebung)

Amtlicher Leitsatz:

Die Generalklausel des Art. 4 Abs. 1 BayDSG ist keine hinreichende Rechtsgrundlage für eine ohne Einwilligung des Grundstückeigentümers durchgeführte Drohnenbefliegung eines Wohngrundstücks zur Herstellung und Weiterverarbeitung von Lichtbildaufnahmen im Auftrag einer Gemeinde (hier zur Geschossflächenermittlung).

BayVGH, Beschluss vom 15.02.2024, 4 CE 23.2267

Zum Sachverhalt:

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Unterlassung der Befliegung seines Wohngrundstücks mit einem unbemannten Fluggerät (Drohne), der dabei erfolgenden bildlichen und georeferenzierten Aufzeichnung seines Grundstücks samt Wohngebäude sowie der anschließenden Verwendung der Aufzeichnungen insbesondere zur Erstellung dreidimensionaler Modelle (im Folgenden insgesamt als Drohnenbefliegung bezeichnet).

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Wohngrundstücks im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, welches an die gemeindliche Abwasserentsorgung angeschlossen ist. Diese wird gemäß der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin vom 3. Dezember 1990 (Entwässerungssatzung – EWS), zuletzt geändert durch die Änderungssatzung vom 9. Januar 2006, als öffentliche Einrichtung betrieben. Gemäß § 5 Abs. 1 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 16. Oktober 1986 (im Folgenden: Beitrags- und Gebührensatzung), zuletzt geändert durch die Änderungssatzung vom 31. Juli 2018, wird der Herstellungsbeitrag nach der Grundstücks- und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, die Geschossflächen der an die Entwässerungsanlage angeschlossenen oder anschlussberechtigten Grundstücke zu ermitteln. Mithilfe dieser aktualisierten Bemessungsgrundlage sollen die Herstellungsbeiträge neu kalkuliert werden. Mit der Ermittlung der aktuellen Geschossflächen und der anschließenden Beitragsberechnung hat die Antragsgegnerin einen Ingenieurdienstleister und eine Kommunalberatung beauftragt.

Es ist vorgesehen, mittels einer mit einer Kamera ausgestatteten Drohne die Grundstücke der Anschlussnehmer zu befliegen und die Gebäude bildlich aufzuzeichnen; die bildlichen Aufzeichnungen sind georeferenziert. Sie sollen ausgewertet werden, indem insbesondere dreidimensionale Modelle der Grundstücke der Anschlussnehmer erstellt und die Geschossflächen in m2 je Gebäude beziehungsweise Gebäudeteil sowie die Gebäudeumrisse in cm2 dokumentiert werden. Die Auswertung soll als Grundlage für die Berechnung der Herstellungsbeiträge dienen.

In der nicht öffentlichen Stadtratssitzung vom 27. Juli 2023 wurde beschlossen, den Ingenieurdienstleister mit der Befliegung nebst Aufzeichnung und Auswertung zu beauftragen. Mit Schreiben vom 14. September 2023 wurden der Antragsteller und die sonstigen Anschlussnehmer über die ursprünglich im Oktober 2023 geplanten Maßnahmen informiert.

Auf den dagegen gerichteten Eilantrag des Antragstellers vom 18. Oktober 2023 hin verpflichtete das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 22. November 2023 im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache sicherzustellen, dass das Grundstück des Antragstellers nicht wie beabsichtigt mittels eines unbemannten Fluggeräts (Drohne) beflogen wird, dabei bildliche Aufzeichnungen erstellt und die bildlichen Aufzeichnungen ausgewertet werden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.

Beitrag entnommen aus Bayerische Verwaltungsblätter 12/2024, S. 411.